Lehnsauftragung
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Das Rechtsinstitut der Lehnsauftragung bezeichnet die Errichtung eines Lehnsverhältnisses durch Leihebegründung an Eigengut des späteren Vasallen. Dabei handelt es sich um ein historisches Phänomen, das sowohl in der rechtswissenschaftlichen Literatur der frühen Neuzeit als auch in der historischen Forschung des 19. und 20. Jahrhunderts vielfältig erörtert wurde, das aber seit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches noch keine monographische Gesamtdarstellung erfahren hat. Im ersten Teil der Abhandlung wird die Lehnsauftragung exemplarisch anhand des überlieferten Urkundenmaterials als Mittel sozialer, wirtschaftlicher und politischer Gestaltung dargestellt. Auf dieser realgeschichtlichen Perspektive baut der zweite, wissenschaftskritische Teil der Untersuchung auf. Ausgehend von der Erkenntnis, dass nicht nur die Rechtswissenschaft der frühen Neuzeit, sondern auch die historische Literatur das Modell der Lehnsauftragung zur Erklärung geschichtlicher Ereignisse von der Spätantike bis in die frühe Neuzeit instrumentalisiert hat, wird das hermeneutische Vorverständnis von Phänomenen des Lehnrechts in den Prozess der historischen Erkenntnis mit einbezogen. So kann gezeigt werden, wie der Begriff der Lehnsauftragung unter Zugrundelegung römischer und moderner eigentumsrechtlicher und personenrechtlicher Vorstellungen – auf dem Boden einer überkommenen Konzeption eines modellhaften Lehnswesens – in anachronistischer Weise auf verschiedenste Vorgänge übertragen wurde. Damit werden die Thesen einer modernen Lehnrechtsgeschichte, wie sie von Susan Reynolds in ihrer bahnbrechenden Untersuchung „Fiefs and Vassals“ formuliert wurden, erstmals in einer monographischen Einzeluntersuchung zum Lehnrecht aufgegriffen.