Die politische Bühne
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Die öffentlichen Ballettaufführungen des Pariser Jesuitenkollegs Louis-le-Grand waren im 17. und 18. Jahrhundert ein wahrer Publikumsmagnet. Im Rahmen des alljährlichen Preisverleihungsrituals zum Schuljahresabschluss im August wurde hier auf so hohem Niveau getanzt, dass man den Vergleich mit der Académie royale de musique nicht zu scheuen brauchte – schließlich waren die professionellen Tänzer, Choreographen und Komponisten derselben an den Produktionen für die Jesuitenschule maßgeblich beteiligt. Anhand der bislang kaum beachteten Ballettszenarien des 18. Jahrhunderts wird in dieser Studie erstmals systematisch untersucht, wie dabei Tugenden und Werte im Sinne jesuitischer Pädagogik vermittelt wurden und wie sich politische Implikationen manifestierten: Der Topos der Nation wuchs im Laufe der Jahrzehnte auch in den Balletten für Louis-le-Grand zu einer politischen Größe heran. So spannen die Ballette mit ihren Zeitkommentaren und tagesaktuellen Bezügen in der Gesamtschau einen großen narrativen Bogen, anhand dessen sich die Geschichte Frankreichs nacherzählen lässt – und die des Verhältnisses der Jesuiten zu König, Land und dem theaterfeindlichen Jansenismus, dessen Vertreter für die Vertreibung der Jesuiten aus Frankreich 1762 mit verantwortlich waren.