Bunte Papierflieger vor violettem Horizont
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Bei diesem Band handelt es sich wie bei seinen beiden Vorgängern (Fragmente von Gefühlen, 2015; Spielräume zwischen Flucht und Umarmung, 2016) um den Versuch, eine Art lyrischer Texte vorzulegen, die sich von den vielen anderen Sammlungen und Werken zahlloser Dichterinnen und Dichter doch sehr deutlich unterscheidet. Damit meine ich diejenigen Gedichte, die heutzutage etabliert sind, oft preisgekrönt, und in den Feuilletons der großen Zeitungen und Zeitschriften Lob und Anerkennung finden. Ich nenne sie »moderne Lyrik« und gestehe dabei, dass mir diese Texte trotz großer Mühen oft nicht recht zugänglich sind. In aller Regel werden solche Gedichte von zwei Merkmalen geprägt: Einmal sind sie gekennzeichnet von steten Verweisen auf andere Gedichte oder Literaturwerke, häufig latent oder nur angedeutet. Sodann scheinen sie in einer Weise durchgängig hermetisch und vielschichtig, dass sie vom normalen Leser bedeutungsmäßig kaum verstanden oder emotional nachvollzogen werden können. Vielleicht deshalb bedarf es Berufener, die solche Texte interpretieren. Und vielleicht deshalb ist das Lesen von Gedichten für die meisten Menschen heutzutage mühsam und unersprießlich. Im Unterschied dazu rekurrieren die folgenden Texte in keinem einzigen Fall bewusst auf andere literarische Werke oder Moden. Man wird als Leser also nicht konfrontiert etwa mit einem Mangel an literarischem oder kulturellem Wissen, wenn man solche verborgenen Hinweise nicht kompetent entschlüsseln kann. Stattdessen soll jeder Text seine Aussage und seinen Wert aus sich selbst heraus begründen. Und die Gedichte sind auch nicht derart elaboriert und »schwierig«, dass es eines geschulten Interpreten bedarf. Man könnte fast sagen, es handelt sich hier um einfache Texte, je mit einer dezidierten Aussage, die von jedem Leser ohne Nachhilfe verstanden werden kann. Auch Nachdenken, Nachfühlen oder Mitfühlen soll jedem ohne besondere Anleitung von außen möglich sein. Und das schließt Kritik durchaus ein. Die folgenden Versuche, erneut ganz unterschiedlicher Art, richten sich also an einen mündigen Leser, der nicht in Ehrfurcht vor »Kunst« erstarrt oder sich demütig verneigt und applaudiert, sondern selbstbewusst sein eigenes Urteil fällt, seiner eigenen Rezeption vertraut – und seine eigene Freude daran hat. Das betrifft auch die zwei Fälle sogenannter Bilderlyrik, also lyrische Beschreibungen und Interpretationen von graphischen Skizzen oder Photographien, die hier erstmals aufgenommen wurden. (Werner Faulstich) Violett ist die Farbe des Fastens und der totalen Entsagung. Bunte Papierflieger dagegen halten unsere Träume präsent. Der Sturz in den Abgrund wird aufgehalten von Hürden aus Stolz und Versprechungen. Schwankungen der Seele kommen dabei zur Ruhe und verweisen auf eine wohlfeile Zukunft für jeden: Liebe und Glück. Warum die Steine des Orakels trotzdem den Untergang verkünden, bleibt unerklärlich. Doch von deiner Hand tropft Blut auf den Boden. Du hast dich geschnitten. Es tut noch nicht weh.