Café Spontan
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AuszugEin paar Vorwörter Männerwohngemeinschaften sind keine aktuellen gesellschaftlichen Erscheinungen. Schon weit vor der Steinzeit verbrachten junge Jäger zwar vorübergehende, dafür aber höchst anregende gemeinsame Höhlentage, bevor sie sich den Konventionen des gefahrvollen Alltags fügten. Von den schillernden Erinnerungen an die turbulenten Zeiten am prasselnden Feuer zehrten sie noch im hohen Alter. Welches sie seinerzeit gar nicht erst erreichten. Ein paar Jahre später, ab anno 1788, hockten die Urschwaben Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Friedrich Hölderlin und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling auf ein und derselben Etage im Tübinger Stift und über ihren Studien. Ein wechselseitig befruchtendes, ausgesprochen produktives Zusammentreffen. So füllen die literarischen Hinterlassenschaften der drei schwäbischen Geistesgrößen noch heute mehrere Vollholzregalwände. Es war aber nicht Bedingung, Friedrich oder Wilhelm zu heißen, um gegen Ende des zweiten Jahrtausends eine Männer-WG zu gründen. Watzke, NikNik, Cosmo oder Tomaselli reichten auch aus. In gewisser Weise gleichen sich die wechselhaften Lebenserfahrungen der männlichen Schicksalsgemeinschaften: Ob Steinzeithöhle, Tübinger Gelehrtenstift, die Neunzehnhundertsiebzigerundachtzigerjahre im Stuttgarter Süden – erst im Nachhinein wird klar, was Mann daran hatte und zu welch ungeahnten kreativen Höhenflügen das Teamwork in einer Männerwohngemeinschaft befähigte. Bis der passende Zeitpunkt für einen Rückblick kommt, dauert es manchmal etwas länger. Aber das Abwarten hat den Vorteil, dass sich die funkelnden Erinnerungen einer drögen buchhalterischen Überprüfung seitens uninspirierter Außenstehender entziehen und deshalb deutlich unterhaltsamer daherkommen, als es die Realität seinerzeit je hätte sein können. Nicht umsonst heißt es: Realität ist nur eine Illusion, die aus Mangel an Phantasie entsteht.