Die biblische Urgeschichte in der Aufklärung
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Die Bibelwissenschaft in der Aufklärung hat nicht nur die Ausbildung eines historischen Studiums der biblischen Überlieferung gesucht, sondern auch die Auseinandersetzung mit der philosophischen Religionskritik aufgenommen. In der alttestamentlichen Forschungsgeschichte repräsentiert J. G. Herder mit seiner Genesisinterpretation von 1774/76 den Versuch, Exegese und Apologetik auf eine wissenschaftlich zeitgemäße, zugleich aber formal eigenwillige Weise zu verbinden. Er erklärte die biblische Schöpfungsgeschichte als 'Naturpoesie' im Horizont der theologischen Frage nach der Gottebenbildlichkeit des Menschen und führte einen Traditionsbeweis für Genesis 1 als urgeschichtliche Dichtung. Damit bezog er eine vermittelnde Position zwischen 'Natürlicher Religion' und 'Offenbarungsreligion'. Christoph Bultmann untersucht die Verankerung von Herders Ältester Urkunde des Menschengeschlechts und ihrer durch einen Manuskriptfund bekanntgewordenen Erstfassung im poetologischen und literaturkritischen Frühwerk Herders und stellt den Hintergrund dieser Genesisinterpretation in der humanistischen Exegese dar. Im Hinblick auf die philosophiegeschichtliche Konstellation, in der Herder seinen Platz als Exeget der biblischen Urgeschichte behaupten wollte, gewinnt seine Auslegung ihr charakteristisches Profil im Gegenüber zur Religionskritik David Humes. Die Deutung der Genesis muß als die maßgebliche theologische Grundlegung für Herders ästhetisches Verstehen der Überlieferungen Israels gelten. Das hermeneutische Projekt, mit dem Herder in der Bibelwissenschaft einflußreich geworden ist, erscheint so in neuer Perspektive.