Die Krise des Historismus in der deutschen Sakraldekoration im späten 19. Jahrhundert
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Die Umbrüche des religiösen Lebens und die zunehmende Kirchenbautätigkeit im Kaiserreich stellten die Sakraldekoration um 1900 vor Aufgaben, für deren Lösung es keine historischen Vorbilder mehr gab. Dem Stilwandel im Sakralbau, den liturgischen Reformen und der aktuellen Bibelkritik folgten im späten 19. Jh. neue Auffassungen der bildlichen Darstellung von Heilsgeschichte. Mit dem ungeschönten Naturalismus lebensgroßer Fresken zum irdischen Alltag Jesu oder der von religiösen Symbolen durchsetzten Ornamentik des Jugendstils „strapazierte“ die Kirchenmalerei die an der Sakralkunst des Mittelalters geschulten Sehgewohnheiten ihrer kirchlichen Auftraggeber. Für die christliche Kunstkritik des Späthistorismus aber waren ihre Stilbrüche „Lebenszeichen“, die den Schritt der kirchlichen Kunst in die umstrittene Moderne ankündigten. Erstmals wird hier mit den Augen der Auftraggeber das Zusammenwirken von sakraler Architektur und religiöser Malerei des Historismus betrachtet. Der Einführung in die rivalisierenden Kirchenbauideen des frühen Historismus folgt der Blick auf die späteren, konfessionell geprägten Kunstanschauungen der katholischen und evangelischen Kirche. Mit repräsentativen Beispielen späthistoristischer Kirchenbaukunst - z. B. in Kevelaer, Berlin, Beuron, München, Essen, Düsseldorf, Wiesbaden oder Dresden - wird daraufhin der Strukturwandel in der Sakraldekoration dokumentiert. Er führt zu Fragen nach deren Glaubwürdigkeit, Stilgerechtigkeit und Monumentalität, auf die bereits die zeitgenössische kirchliche Kunstpublizistik überraschende Antworten gegeben hat. Somit bietet dieser Band neue Einblicke in die kirchliche Kunstwelt um 1900 und eine aufschlussreiche Darstellung ihrer oftmals verkannten Zeugnisse.