Sieben Kapitel über Natur und Menschenleben
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Wie die Kirchen der frühen Christenheit oft auf dem Grund und Boden der alten Tempel erstanden und Säulen, Kapitelle und Gebälk in die neue Architektur eingegliedert wurden, so bildete sich die christliche Kultur überhaupt durch schöpferische Nutzung ungezählter Elemente der vorchristlichen Geisteswelt. Die Anschauung der Natur und des menschlichen Lebens bietet ein vielfältiges Beispiel für diesen Prozess der kulturellen Metamorphose. Verbreitet war in der Antike die Lehre, dass die natürlichen Lebensgrundlagen wie Wasser, Luft und Sonne allen Menschen gemeinsam gehören, aber das Christentum gab dieser Lehre von den communia eine neue Begründung, wie es sich andererseits dagegen wehrte, aus dieser Gemeinsamkeit auf eine Gleichheit der Religionen zu schliessen. Auch die pagane Antike zog aus dem Verhalten der Tiere moralische Lehren, aber das Leben der christlichen Heiligen zeigt, wie das Lernen aus der Natur durch die göttlichen Schöpfungsordnung geregelt und durch die Heilige Schrift gelenkt wird. Aus dem Wechsel von einem Lebensalter zum anderen schmiedete die antike Moralphilosophie ein Trostmittel gegen die Furcht vor dem Tode, aber die frühkirchlichen Denker erfassten darin einen analogischen Beweis für die letzte Veränderung des Menschen in der Auferstehung. Das Glück eines schönen Greisenalters, aber auch die Klage ob der Altersleiden, der besondere Wert der letzten Worte eines Menschen: all das kehrt uns in der frühchristlichen Literatur wieder, doch verwandelt und vertieft. Sogar den Humor gibt es da, den manche der Alten Kirche absprechen wollen. Das Buch behandelt die Themen durch Interpretationen der Quellen in Prosa und Poesie; sie sind zum Teil aus Vorträgen erwachsen und haben diesen Charakter behalten oder angenommen. Beigefügt sind ein philologischer Kommentar zu einer Versreihe des Dichters Prudentius sowie ausführliche Register.