Umbruch der Sitten - miterlebt und mitbetrieben
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1928 wird Hermann Ringeling in Cuxhaven geboren, hinein in die letzten Jahre der Weimarer Republik, in die autoritäre Moral einer Männergesellschaft mit ihrem Oben und Unten, ihrer rassistischen Unmoral, die sich bald dem Nationalsozialismus öffnen wird. Mit diesem Jahr beginnt auch seine 'sittengeschichtliche Zeitreise': Sie macht deutlich, welch gewaltige Umwälzungen in Mentalität und Moral seither stattgefunden haben. Wie es noch vor fünfzig Jahren ebenso undenkbar war, dass Männer mit Schirm aus dem Haus gingen ('unmännlich') wie es sich von selbst verstand, dass Frauen Haushaltsgeld zugeteilt bekamen. Wie vor 1968 Professoren an der Universität von ihren Podien herab dozierten, während heute – trotz unterschiedlichem Auftrag und Wissen, Alter und Geschlecht – eine grundsätzliche Gleichstellung aller die Sitten bestimmt. Als Ethiker und liberaler Theologe hat Hermann Ringeling viele dieser Veränderungen offen und kritisch begleitet. Sein Engagement galt und gilt schwierigen Themen wie Sterbehilfe, Schwangerschaftsabbruch oder Umgang mit Drogen, immer wieder auch dem sogenannten 'privaten Leben', der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Sexualität, den Rechten des Kindes. Sein 'Umbruch der Sitten' ist nicht nur Sittenpanorama des 20. Jahrhunderts, sondern zugleich wacher Kommentar zu Theologie, Politik und Kultur und intellektuelle Biografie eines Schweizer Ethikers. 'Ringeling hat der Theologie ein Beispiel gegeben, wie Ethik ohne Ressentiment und Rancune gegenüber faktisch gelebter Moral möglich ist.'