Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters
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Ehebruch, Totschlag, Wucher und viele andere Verstöße gegen kirchlich definierte Verhaltensnormen galten, wenn sie bekannt wurden, im späten Mittelalter als öffentliche Sünden. Um sie zu sanktionieren, stand der Kirche ein Verfahren zur Verfügung, das über das Bußsakrament hinausging und doch meist unterhalb der Schwelle kirchlicher Strafgerichtsbarkeit blieb. Es mündete in der Regel in die Absolution. Einem alten kanonischen Grundsatz folgend, sollte sie mit der Auflage gewährt werden, ein öffentliches Bußritual durchzuführen. Die Arbeit zeigt, wie dieses um die bischöflichen Reservatsfälle konstruierte Verfahren im Bistum Konstanz des 15. Jahrhunderts funktionierte und mit welcher Dynamik es sich entwickelte. Waren öffentliche Bußrituale in der Mitte des 15. Jahrhunderts noch gängig, wurden sie seit den 1460er Jahren immer häufiger abgelöst. Die kirchliche Reaktion auf öffentliche Sünde wurde weniger wahrnehmbar, und in der Folge übernahmen weltliche Obrigkeiten Elemente des sichtbaren kirchlichen Sanktionierungsrepertoires.