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Ernst Walter Zeeden (1916-2011) als Historiker der Reformation, Konfessionsbildung und "Deutscher Kultur"

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Ernst Walter Zeeden (1916–2011) gehört in die Reihe der bedeutendsten deutschsprachigen Historiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Konzept der „Konfessionsbildung“, das als sein individuelles Forschungsergebnis zunächst ein Außenseiter-Standpunkt blieb, ist Zeeden der eigentliche Autor des wohl prägendsten einzelnen Paradigmas der seit den 1960er-Jahren institutionalisierten „Geschichte der Frühen Neuzeit“. Vor dem Hintergrund seiner kulturellen und intellektuellen Sozialisationen im alteuropäischen Bürgertum und im Zeichen des (Neu-)Humanismus ist Zeedens Denkweg noch ein Zeugnis der „alten“ Universität in ihrer spezifisch klassisch-deutschen Ausformung und zugleich ein Exempel tiefgreifender Neuorientierungen in der Geistes-, Wissenschafts- und Wissensgeschichte des Jahrhunderts. Dementsprechend ist Zeedens Werk auch nicht auf Reformations- und Konfessionsgeschichte zu reduzieren, jene nicht auf die „Konfessionsbildung“ und geht deren Wirkung über die Frühneuzeit-Teildisziplin weit hinaus – die Zeeden-Rezeption beeinflusste u. a. die Kirchengeschichten beider theologischer Fakultäten, die Landesgeschichten, neuere deutsche Literaturwissenschaft und juristische Rechtsgeschichte. Bereits früh in der unmittelbaren Nachkriegszeit fand sie auch international statt. Als Tübinger Ordinarius der akademische Lehrer vieler dutzender Nachwuchskräfte in Wissenschaft und Unterricht, als Führungspersönlichkeit im ersten ‚geisteswissenschaftlichen‘ DFG-Sonderforschungsbereich oder als Verfasser weitverbreiteter Handbücher entfaltete Zeeden auch im weiteren Sinne Einfluss auf wissenschafts- und wissensgeschichtliche Formierungsprozesse seiner Zeit. Die qualitative und quantitative Bedeutung Zeedens scheint aber weitgehend in Vergessenheit geraten zu sein, ein Desiderat systematischer Wissenschafts- und Wissensgeschichtsforschung ist sie ohnehin. Allein schon im Vergleich zu Akteuren, mit denen Zeeden Bedeutungsgrad und wissenschaftsprosopographische Verortung und Verflechtungen teilt, besteht hier ein so erhebliches Missverhältnis, dass Zeeden bislang nicht einmal auf funeralliterarischer Ebene eine auch nur annähernd angemessene fachliche Würdigung erfahren hat. Der vorliegende Band bietet erste Ansätze dazu, indem er im Horizont des gegenwärtigen Standes der Frühneuzeitforschung zentrale Teilaspekte von Zeedens Werk und Wirken historiographiegeschichtlichen Relektüren unterzieht und – über das wissenschaftsgeschichtliche Interesse hinaus – fragt, inwieweit Zeeden nicht nur vieles heutige noch Gültige vorwegnahm, sondern auch heute noch von unmittelbarer Relevanz ist.

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2016

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