Der gleichgültige Held
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Der Autor nimmt eine Neudefinition des existentialistischen Romans im gesellschaftlichen und sprachlichen Kontext in Angriff. Seine textsoziologische oder soziosemiotische Studie zeigt, wie sehr die von Sartre, Moravia und Camus dargestellte Existenzproblematik mit der Krise gesellschaftlicher und sprachlicher Strukturen zusammenhängt, die von Marktgesetzen, arbeitsteiligen Prozessen und ideologischen Konflikten zunehmend in Frage gestellt werden. Wo sich „die Wörter von den Dingen ablösen“ (Sartre), dort wird eine „Natur ohne Menschen“ (Camus) sichtbar, die Zweifel an der Daseinsberechtigung des menschlichen Subjekts aufkommen läßt. Die Krise des Subjekts ist auf eine Ambivalenz zurückzuführen, die sich im Zerfall des sozialen Wertsystems und in einer „Sprache der kranken Wörter“ (Sartre) bemerkbar macht, in der Krieg und Frieden, Lüge und Wahrheit, Schein und Sein kaum mehr zu unterscheiden sind. Diese Ambivalenz, die vor allem Sartres Ekel-Roman beherrscht, geht in Moravias Die Gleichgültigen und Camus’ Der Fremde allmählich in Indifferenz (als Austauschbarkeit von Wertsetzungen) über. Die sich durchsetzende Indifferenz hat zur Folge, daß Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit und Handlungsunfähigkeit zu zentralen Problemen eines Romans werden, der die alte Existenzfrage in einem spätmodernen Kontext neu stellt. Während in Moravias und Camus’ Romanen die Indifferenz noch als „Sünde“ und Skandalon empfunden wird („ho peccato d’indifferenza“, sagt Moravias Held Michele), wird sie im Nouveau Roman eines Alain Robbe-Grillet nicht mehr zur Sprache gebracht. Dieser Roman setzt die „Sinnlosigkeit“ als Austauschbarkeit der Werte voraus. Er ist schon jenseits der Wert- und Subjektproblematik und eröffnet postmoderne Perspektiven.