Die Gedichte in Marius Hulpes zweitem Band präsentieren einen erweiterten, welthaltigen Blick auf verschiedene Lebensrealitäten, von vernachlässigten Spielplätzen bis zu nächtlichen Dörfern. Die poetischen Bilder zeigen eine stille Zuneigung zu digitalen Jungfrauen und polnischen Großmüttern. Verletzliche Soziotope werden sichtbar, während die Sprache ein endzeitliches Summen entfaltet, das Halt und Farben in grauen Tagen bietet. Hulpes unsentimentaler und präziser Blick fängt das Wesentliche in scharf gestellten Details ein, ohne große Panoramen zu bemühen.
Marius Hulpe Knihy






Wiederbelebung der Lämmer. Gedichte
- 108 stránek
- 4 hodiny čtení
In Marius Hulpes Gedichten wird die Realität durch fragile Details sichtbar, die den Wunsch nach Erlösung und den Glauben an die Geschichte widerspiegeln. Themen wie Schulbusse, zersiedelte Landschaften und Frühlingsregen fungieren als Indikatoren für das, was sein könnte und für die Erlaubnis zu wünschen, trotz ihrer Anachronismen.
Monument für die Verlassenen
Gedichte
In den neuen Gedichten von Marius Hulpe kommunizieren Kindheitslandschaften und -erwartungen mit zerrütteten Gegenwarten, agiert ein erinnerndes Körperbewusstsein poetische Spektakel und stille, seismographische Sprachkammern gleichermaßen aus, rhythmisch und voller Musikalität. Sie machen Ungewissheit wie auch ungeschützt im Strudel der Welt Zurückgebliebenes sichtbar, menschliche wie tierische Verlassenheit, tranzendentale wie ganz konkrete. Aber auch den Sprachen und Sprachidentitäten, in denen sich all das kreatürlich vollzieht, sind sie in ihrer Beweglichkeit ein Monument, ebenso ihren Bedürfnissen, die angesichts der zu entziffernden Grausamkeiten wie Schönheiten entstehen. Sie handeln von Müttern, Pazifikbewohner*innen, von dichtenden Holocaustopfern. Zugleich beobachtet und eicht die Stimme dieses Bandes spürbar immer wieder auch eins: sich selbst. Gedichte von Marius Hulpe sind ein spezielles, ein bild- und besinnungspendendes Ereignis, sie erweitern in dieser Sammlung u.a. das Personengedicht, ästhetisch wie ethisch, und verfügen nicht nur über eine „ursprüngliche poetische Ausdruckskraft“ und „eine Stimme, die sich einprägt“, wie Walter Hinck schon früh in der Frankfurter Allgemeinen schrieb, sondern sind schlicht eine „Entdeckung“.
PRIVATAUFNAHME - das ist ein mögliches Medium gesammelter authentischer Gegenwart in Form von Poesie.
Iran, 1960. Der junge Reza wird vom Schah-Regime als Spion nach Europa verschickt. Studieren soll er, sich ein Leben aufbauen, Wissen sammeln und es in die Heimat transferieren. Über Umwege verschlägt es ihn ins erzreligiöse Westfalen, wo er auf Clara trifft, die in ihrer Heimat fremdelt und gegen die ständige Angst ankämpft, zu enttäuschen. Auch Reza taumelt in der Fremde. In ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung finden sie zueinander, doch die Fliehkräfte ihrer Geschichten torpedieren ein dauerhaftes Miteinander. Daran ändert auch die Geburt ihres Sohnes Niklas nichts, der sich schämt für die überbordende Liberalität seiner Eltern. Als Reza 1979 die Islamische Revolution live im Fernsehen verfolgt, begreift er, dass es kein Zurück gibt. Er kollabiert und gerät in Abhängigkeit – von einer Familie, deren Hoffnungen er selbst stets enttäuscht hat. Fesselnd, sinnlich und einfühlsam dringt Marius Hulpe bis zum Kern dessen vor, was ein Familienleben heute bedeuten kann. Eindrucksvoll erzählt er davon, wie Ideologie und Repression, aber auch ein ungerichteter Freiheitsdrang ein Labyrinth ohne Ausweg bilden können. Ein souveränes, abgründiges, hellsichtiges Debüt. Ein Roman unserer Zeit.