Ein Leben zwischen zwei Namen, zwei Sprachen, zwei Identitäten. Kann man alles verlieren, ohne ein anderer Mensch zu werden? Zwei Kinder, Leon und Teres, stranden in einem fremden Land während eines Krieges. Sie bleiben fremd unter Menschen, deren Sprache sie nicht sprechen, und erhalten von einer Bauernfamilie neue Namen und einen unvorhergesehenen Lebensweg. Während Teres ein Leben lang mit Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen kämpft, strebt Leon nach einem besseren Leben, bis auch er an seine Grenzen stößt und sich den inneren Konflikten und der Verleugnung stellen muss. Es ist die Geschichte zweier Menschen, die lernen müssen, ihr Leben neu zu denken. Mit ihren müden Händen umklammerte Lea Kapries zwei kleine Kinderhände. Leon hielt sich an seinem älteren Bruder fest, als er in der Menge einen Stoß bekam, stolperte und ins Leere griff. Seine Hand suchte panisch nach der seines Bruders, während seine Augen verzweifelt nach dem Gesicht der Mutter und Geschwister suchten, doch nur Fremdes fanden. Seine Schreie blieben ungehört, verloren in dem Lärm der anderen Verlorenen. Leon wollte rennen, suchen, finden und umarmen, war jedoch gefangen in der unwillkürlichen Woge der Menge, die ihn in alle Richtungen drängte. Irgendwann wurde er an den Rand gespült und floh schluchzend auf eine Bank, winkte und rief, doch er sah nichts Bekanntes.
Claudia Sammer Knihy



Die besondere Freundschaft zwischen der jüdischen Veza und der nichtjüdischen Lotti in den 1930er-Jahren ist Ausgangspunkt einer Geschichte über sechs Frauen. Über mehrere Generationen hinweg werden Lebensentwürfe skizziert, die geprägt sind von Abhängigkeit und Selbstständigkeit, von Zweifeln und Sich-Finden, vom Glauben an eine höhere Macht und dem Festhalten an der Erinnerung. Erst nach ihrem Tod erfährt Lottis Familie von Vezas Existenz und der gemeinsamen Zeit, eine Entdeckung, welche die Enkelin dazu ermutigt, neue Wege zu gehen.
Zwei Menschen, zufällig aneinandergeraten, treiben durch die ungewohnt menschenleeren Straßen einer Großstadt. Etwas Undenkbares ist passiert, etwas, das sie nicht einordnen können. Wie entkommt man der Paralyse, wenn Terror oder unberechenbare Katastrophen die vermeintliche Sicherheit zerstören, welche Verortung ist möglich? Wild Card erzählt vom Eintreten des Unwahrscheinlichen und von der Orientierung in schwierigen Zeiten, davon, wie zwei Menschen einander Halt geben und die Erkenntnis teilen, dass man das Bekannte hinter sich lassen muss und sich das Tröstliche im Ausscheren aus vorgefertigten Denkmustern offenbart.