Knihobot

Norbert Reuter

    29. listopad 1960
    Der Institutionalismus
    Wachstumseuphorie und Verteilungsrealität
    Ökonomik der "langen Frist"
    Soziale Kipppunkte, bedrohte Existenzen, wachsende Armut
    • Soziale Kipppunkte, bedrohte Existenzen, wachsende Armut

      Alternativen zu Geldentwertung und Kaufkraftverlusten

      Nach einer Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) hat inzwischen mehr als ein Viertel der Bevölkerung Angst, mit dem Geld nicht mehr auszukommen. Die Gründe für die Preissteigerungen sind vielfältig: Der russische Krieg gegen die Ukraine treibt Energie-, Dünger- und Lebensmittelpreise nach oben. Außerdem haben unterbrochene Lieferketten infolge der Corona-Krise Lieferengpässe verursacht. Die Ampel-Regierung mit Bundeskanzler Olaf Scholz an der Spitze warnt: »Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen.« Nach diversen Prognosen haben im Sommer 2022 ein Drittel aller EU-Staaten eine Inflation zwischen 10% und 20% zu erwarten, und die USA schlittern sehenden Auges in eine Rezession. Diese Entwicklungen bedrohen soziale Existenzen und den erkämpften Wohlstand. Mehr als 600.000 Ruheständler beziehen weniger als 1.000 Euro Rente im Monat. Zwei Drittel der »Tafeln« haben inzwischen einen Aufnahmestopp gemeldet, die übrigen müssen die Lebensmittelausgabe strecken, sodass Bedürftige weniger bekommen. Die Gewerkschaften wollen über hohe Tarifabschlüsse die Preissteigerungen ausgleichen, denn es ist die ureigenste Aufgabe der Interessenvertretung der Beschäftigten, dass dauerhaft steigende Preise durch dauerhaft wirksame Tariflohnsteigerungen kompensiert werden. Um zu einer Entlastung unterer Einkommen zu gelangen, muss zudem für eine Senkung der Preise durch staatliche Eingriffe in die Preispolitik, die Abschöpfung von Übergewinnen und Regulierung der Finanzmärkte zur Eindämmung der Spekulation – insbesondere in den Bereichen Energie, Mobilität, Miete und Lebensmittel – gekämpft werden. Konkret geht es um eine Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung, des Wohngeldes und des Bafög, kostengünstige Grundkontingente für Strom und Gas sowie ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket. Perspektivisch braucht es zudem eine deutlich aktivere Industriepolitik, »You never work alone« wird nicht reichen. Die Autor*innen zeigen Entwicklungslinien, Hintergründe und liefern die zentralen Argumente im Kampf gegen den Kaufkraft- und Wohlstandsverlust.

      Soziale Kipppunkte, bedrohte Existenzen, wachsende Armut
    • Trotz der wachsenden Bedeutung institutioneller und evolutionärer Ansätze in der Ökonomik bleibt die Wachstumsproblematik dominierend in der ökonomischen Entwicklungstheorie. Eine umfassende Berücksichtigung institutioneller, historischer, geografischer, sozialer und politischer Faktoren sowie bedürfnistheoretischer Fragestellungen steht noch aus. Die Konzentration auf theoretische Bedingungen des Wachstums hat dazu geführt, dass dessen Folgen und Grenzen bislang nur aus ökologischer oder ethisch-moralischer Sicht betrachtet wurden. Diese Untersuchung widmet sich der Frage nach endogenen Wachstumsgrenzen, die sich aus veränderten sozioökonomischen Grundlagen in fortgeschrittenen Industriegesellschaften ergeben. Im Rahmen der Analyse verschiedener Theorien der "Langen Frist" zeigt sich, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die menschliche Bedürfnisbefriedigung als zentrale Problematik fungieren. Es wird aufgezeigt, dass die ökonomische Annahme, unbegrenzte Bedürfnisse erforderten unbegrenztes Wachstum, auf spezifischen Prämissen beruht, die nicht universell gültig sind. Der Rückgang der Wachstumsraten in reifen Industrieländern kann nicht als bloßer "Betriebsunfall" interpretiert werden, sondern deutet auf die späte Phase eines langfristigen, intensiven Wachstums hin, das signifikante Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik mit sich bringt.

      Ökonomik der "langen Frist"
    • Wirtschaftswachstum hat historisch dazu beigetragen, gesellschaftliche Konflikte, insbesondere Erwerbslosigkeit und Einkommens- sowie Vermögenspolarisierung, zu mildern. Trotz einer anhaltenden Wachstumsabschwächung glauben viele, dass eine Rückkehr zu hohen Wachstumsraten der Schlüssel zur Bewältigung der aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen ist. Der Essay untersucht die gesellschaftlichen Folgen einer rein wachstumsorientierten, neoliberalen Angebotspolitik und hinterfragt deren Grundannahmen. Es gibt Hinweise darauf, dass hohe Wachstumsraten in entwickelten Industriegesellschaften nicht dauerhaft erzielt werden können, insbesondere nicht durch eine forcierte Angebotspolitik. Daher gewinnen alternative wirtschaftspolitische Ansätze an Bedeutung. Eine nachhaltige Überwindung der Krise erfordert Maßnahmen wie die Verkürzung der Arbeitszeit, die Reduzierung von Einkommens- und Vermögenskonzentration sowie die Stärkung der Massenkaufkraft. Diese Erkenntnisse wurden bereits von renommierten Ökonomen vor dem aktuellen Krisenzeitraum formuliert. Die neu übersetzten Texte von J. M. Keynes und W. W. Leontief dienen als eindrucksvolle Beispiele für diese Argumentation.

      Wachstumseuphorie und Verteilungsrealität