Dramatik der Gründerzeit
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Die Entwicklung des deutschen Dramas im 19. Jahrhundert ist von der bisherigen Literaturgeschichtsschreibung nur selektiv untersucht worden: Nach Büchner, Grillparzer und Hebbel gilt erst den naturalistischen Dramatikern wieder gesteigerte Aufmerksamkeit. Die vorliegende Arbeit unternimmt dagegen erstmals den Versuch, die Vielfalt der dramatischen Produktion in den Jahren 1870 bis 1890 darzustellen. Die (heute weitgehend vergessenen) Erfolgsstücke der Epoche werden auf ihren sozialgeschichtlichen Aussagegehalt hin analysiert; theaterhistorische Fragen finden breite Berücksichtigung. Darüber hinaus jedoch soll ein Beitrag zum Verständnis der naturalistischen Dramatik geleistet werden: Denn erst die Kenntnis der etablierten Dramenliteratur ermöglicht eine differenziertere Beurteilung der in den achtziger Jahren propagierten »Literaturrevolution«. Wie die Untersuchung zeigt, gibt es durchaus Traditionslinien, die die anbrechende Moderne mit den vorangegangenen Jahrzehnten verbinden. Der Durchbruch des naturalistischen Theaters - im Herbst 1889 mit der Uraufführung von Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ - geschah nicht im luftleeren Raum, sondern unter konkreten (literar-) historischen Bedingungen, die sich in vielfältiger Weise auf die neue Richtung auswirkten. Die Dramatik der Gründerzeit bot den Naturalisten Anknüpfungspunkte, bedeutete aber auch die Herausforderung, das Neue in der Opposition zu einer anerkannten und den Zeitgenossen vertrauten dramatischen Konvention zu artikulieren.