Die "Kirche der Sakalava" und die vier Brüder Andriamisara
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Im Mittelpunkt dieser ethnologischen Forschungsarbeit steht die Insel Madagaskar, fern der ostafrikanischen Küste im Indischen Ozean gelegen. Die Untersuchung konzentriert sich auf den Westen der Insel, geprägt durch die Ethnie der Sakalava und die Bedeutung traditioneller Strukturen für die aktuelle gesellschaftliche Dynamik. Als historisch geformtes Element tritt insbesondere ein intensiv ausgeübter Besessenheitskult königlicher Ahnen hervor, die sogenannte „Kirche der Sakalava“. Alljährlicher Höhepunkt ist das den „Vier Brüdern Andriamisara“, die legendären Gründer des Sakalava-Königreiches Boeny, gewidmete Ritual in der Hafenstadt Mahajanga. Als Ergebnis eines Langzeitaufenthaltes auf Madagaskar bietet der Autor zunächst eine umfassende Analyse zur Struktur und Bedeutung des Besessenheitskultes der Sakalava. Ergänzt durch die Auswertung historischen Materials kann gezeigt werden, wie die tiefgreifende Transformation der ehemaligen Sakalava-Königreiche zum religiösen Kult in seiner heutigen Gestalt führte. Darauf aufbauend wird die gesellschaftspolitische Einbettung des Kultes in die heutigen lokalen bis nationalen Zusammenhänge Madagaskars vorgestellt. Die „Kirche der Sakalava“ erweist sich dabei als ein höchst wirkungsvolles, aber informell organisiertes Klientelsystem. Durch das vorliegende Werk wird zugleich in zentrale Aspekte der madagassischen Gesellschaft eingeführt, die in der deutschsprachigen Ethnologie bislang wenig Beachtung fand. Über die regionalen Besonderheiten Madagaskars hinaus, kann anhand der „Kirche der Sakalava“ beispielhaft die langfristige Dynamik einer afrikanischen Gesellschaft verständlich gemacht werden. Peter Kneitz wurde 1968 in Würzburg geboren. Er studierte Völkerkunde an der Universität zu Köln und Anthropologie Sociale während eines einjährigen Studienaufenthaltes an der E. H. E. S. S. in Paris. Nach einer ethnohistorischen Forschung zum Zusammenhang von Religion und Politik auf Madagaskar („Die Dynamik von Glaube und Zweck bei den königlichen Sampy der Merina im 19. Jahrhundert“) arbeitete er ab 1998 an der vorliegenden Dissertation.