Die Unvorhersehbarkeiten der Geschichte
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'Wie wäre eine Geschichte zu denken, der auch die Besiegten und Verfolgten noch einen gewissen gültigen Sinn verleihen könnten?' Diese Frage durchzieht wie ein Leitfaden die Vielfalt der Themen, die in diesem Band behandelt werden, und es ist vor allem die in ihren Dramen und tragischen Wendungen erfahrene Geschichte des 20. Jahrhunderts, die dabei zur Sprache kommt: der Nationalsozialismus, der stalinistische Terror, der poststalinistische Totalitarismus, der Kalte Krieg und das Gleichgewicht des Schreckens, der israelisch-palästinensische Konflikt, der Antisemitismus. Weil Geschichte aber nicht nur die erlebte, sondern immer auch die auf den Prüfstand gestellte Geschichte meint, thematisieren alle Texte mehr oder weniger dieselbe Grundspannung menschlicher Erfahrung: einerseits das Gefühl, von den geschichtlichen Ereignissen 'mitgerissen' zu werden und in der eigenen Zeit 'unterzugehen', andererseits die Sehnsucht, sich von der Geschichte 'freizumachen' und ihrem Determinismus zu entrinnen. Die philosophischen Aufsätze und Schriften aus den Jahren 1929 bis 1992 stellen den Versuch dar, im unerbittlichen Lauf der Ereignisse Spuren einer anderen Dimension der Geschichte zu entdecken, und sie machen deutlich, dass Lévinas nicht nur ein aufmerksamer Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts gewesen ist, sondern in seinem Denken des Anderen immer auch ein Stück weit 'unzeitgemäß' geblieben ist.