Libyens Selbstentwaffnung
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Gute Nachrichten sind eher eine Seltenheit, besonders wenn sie Massenvernichtungswaffen betreffen. Harald Müller hat jedoch eine anzubieten: Libyen, das einst Staatsterrorismus betrieb und bis in die neunziger Jahre sein Arsenal an Massenvernichtungswaffen ausbaute, verpflichtete sich 2003 zur Selbstentwaffnung. Seither wird Libyen in Bezug auf Abrüstung vorbildliches Verhalten bescheinigt. Im vorliegenden Report skizziert Harald Müller zunächst, was Libyen während der 1980er Jahre motiviert hatte, Massenvernichtungswaffen zu erwerben, sowie die darauf folgenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes in den 1990er Jahren. Er legt dar, dass vor allem die internationalen Wirtschaftssanktionen die Entwicklung Libyens hemmten und so schließlich Staatsführer Muammar al-Gaddafi zu dem Entschluss bewegten, über Abrüstung zu verhandeln. Angenommen wurde sein Angebot, nach einer Reihe von Vorstößen, erst im März 2003; in aller Stille wurde ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien geschlossen. Die Bush-Regierung versucht diesen ungewöhnlichen Abrüstungsschritt mit dem militärischen Druck, den sie aufgebaut hatte, zu erklären und ihn als Erfolg für ihre Counterproliferationspolitik zu verbuchen. Harald Müller belegt jedoch, dass die Chronologie der Ereignisse gegen eine solche Interpretation spricht. Als ausschlaggebend sieht er vielmehr an, dass Washington sein früheres Ziel eines Regimewechsels aufgegeben hatte – und dieser Zug bedeutet gerade eine Abweichung der klassischen harten Linie. Natürlich eignet sich Libyen nicht als Blaupause für die Lösung der Atomkonflikte mit Nordkorea oder dem Iran. Doch aus den Schritten, die in den libyschen Verhandlungen Vertrauen aufbauten und sie voran brachten, können durchaus auch für andere Krisen Lehren gezogen werden.