Interaktive Ad-hoc-Evaluation von Desktopsoftware durch Endbenutzer
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Das Problem der Auswahl einer geeigneten Softwarelösung für einen bestimmten Anwendungsbereich wird in der Literatur in der Regel präskriptiv behandelt, d. h. es wird untersucht, wie man am besten vorgehen sollte, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Vereinzelte deskriptive Forschungsarbeiten befassen sich mit der Frage, was passieren würde, wenn sich Individuen auf eine bestimmte Art und Weise verhielten. Vor diesem Hintergrund stellt die vorliegende Untersuchung den ersten Versuch dar, zu beschreiben und zu erklären, wie sich Individuen bei der Auswahl von „kleinen“ Softwaresystemen tatsächlich verhalten (im Gegensatz dazu, wie sie sich idealerweise verhalten sollten) und aus welchen Gründen sie sich für ein bestimmtes Programm entscheiden. Deshalb wurde ein explorativer Ansatz gewählt, um einen ersten Zugang zu dem zu untersuchenden Sachverhalt zu erarbeiten. Zwanzig Individuen mit unterschiedlicher Erfahrung hinsichtlich des Umgangs mit einschlägiger Software erhielten die Aufgabe, drei Programme zum Zeichnen von Flussdiagrammen auszuprobieren und eines davon für die Bearbeitung eines fiktiven Problems auszuwählen. Sie wurden angewiesen, währenddessen laut zu denken, um so Zugang zu den begleitenden Kognitionen zu ermöglichen. Die resultierenden Verbalisierungen wurden zusammen mit den parallel dazu ablaufenden Interaktionen mit der Software als Video aufgezeichnet und in Interaktionprotokollen formalisiert. Auf Basis dieser Protokolle konnten vier Evaluationstypen unterschieden werden: Aufgabenorientierte, die die Lösbarkeit der anstehenden Aufgabe absichern; Minimalisten, die im Streben nach Aufwandsminimierung nur oberflächlich testen; Verspielte, die viel ausprobieren und Wert auf individuelle Gestaltungsmöglichkeiten legen; Unsichere, die überfordert wirken und nur schwer Zugang zur korrekten Benutzung der Software finden. Die Typologie kann durch existierende psychologische Modelle erklärt und als moderierendes Konstrukt in das Technology Acceptance Model von Davis et al. integriert werden. Ergebnis einer Analyse der Auswahlgründe ist ein im Wesentlichen hierarchisch strukturiertes Hypothesensystem, demzufolge die interaktive Ad-hoc-Evaluation und -Auswahl von Software nach dem Prinzip einer lexikografischen Ordnung erfolgt. Als wichtigstes Entscheidungskriterium wird postuliert, dass es gelingen muss, die Funktionsweise der benötigten Funktionalitäten in wiederholbarer Weise zu erschließen. Nur, wenn dies für mehrere Optionen erfüllt ist, werden als nächste Kriterien die Ergebnisqualität und die Handhabbarkeit (in dieser Reihenfolge) relevant. Untereinander gleichwertig folgen schließlich Optik, Zusatznutzen sowie Sicherheit vermittelnde „weiche“ Faktoren (z. B. Vertrautheit). Auch dieses Hypothesensystem findet im Technology Acceptance Model einen theoretischen Rahmen.