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Wider die falschen Eindeutigkeiten und den Verlust des Lesens

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Bedeutende Menschen lesen nicht mehr selber: sie lassen lesen und sich die abstracts – 10 minutes, please! – vortragen. Wir, das Fusvolk, holen uns die griffigen Formeln bei Wikipedia. Das verfälscht auch Sachtexte, aber es ist das Ende einer literarischen Kultur. Die lebt nämlich davon, dass jeder in einem Gedicht, einem Roman, einem Drama etwas anderes findet und immer etwas, was mit der eigenen Zeit, dem eigenen Leben zu tun hat. Ware das nicht so, dann hatten uns Sophokles, Shakespeare oder Goethe heute nichts mehr zu bieten. Solche Lektüre ist allerdings ebenso lustvoll wie anstrengend und sie will gelernt sein. Dafür ist heute zu oft in den Schulen und Hochschulen keine Zeit mehr; zumindest kein Bedarf weil die gängigen Klischees ja offenbar genügen. Gleichzeitig fronen Theatermacher in ihren Interpretationen bekannter Texte einer auffälligen Subjektivität und in der christlichen Religion steht wortwörtlicher Fundamentalismus neben sehr persönlicher Auslegung. Viele Musiker wiederum sind, ganz gegen den Trend, sehr glücklich, endlich die Autographen lesen und genauer verstehen zu können – die Entdeckung der alten Musik und ihrer Praxis hat auch die Aufführung jüngerer Kompositionen verändert. Wie man liest und das Gelesene versteht, ob im Deutschunterricht, in der Literaturwissenschaft, im Theater, in der Musik oder Theologie, das ist Gegenstand dieser Aufsatzsammlung, die aus einem Symposion an der Eichstätter Universität hervorgegangen ist. Und natürlich durfte da auch ein Exkurs in den neurologischen Konstruktivismus nicht fehlen. Schließlich ist die Frage nach dem Umgang mit Texten aller Art nicht zu trennen von der viel grundsätzlicheren Frage, wie objektiv wir als Menschen überhaupt etwas wahrnehmen können oder wie subjektiv unsere Einsichten immer bleiben müssen. Hierzu mausert sich in einem Gespräch mit der Herausgeberin Heinz von Foerster, der große Anreger und Vordenker des Konstruktivismus in einem seiner letzten Interviews. Er betonte dabei einen Aspekt, der vor allem Eltern und Lehrern wichtig sein durfte: wie zuverlässig und „objektiv“ sind unsere Noten- und Bewertungssysteme; und damit die Grundlage unserer angeblich so objektiven Leistungsgesellschaft? Zu empfehlen ist die Lektüre allen Lesern, allen Eltern von Schulkindern, Erziehern, Theater und Konzertbesuchern, Musikern, Theologen und nicht zuletzt jedem, der sich gelegentlich fragt, welche Freiheit sich ein Leser erlauben darf oder erlauben muss. H.-E. Renk: Zum Thema: Der Verlust des eigenen Lesens – H.-E. Renk: Subjektiv oder Objektiv - die Antwort des Konstruktivismus – Literarische Texte in der Schule – K. Spinner: Der Umgang mit Literatur an deutschen Schulen - eine Bestandsaufnahme – H.-E. Renk: Der Literaturunterricht zwischen vorgeblich objektivem Lernwissen und subjektiver Lesekultur - Ein Vorschlag zur Entrümpelung unserer Lehrplane. – H. von Foerster/H.-E. Renk: Neue Prüfungen braucht das Land. Ein Gespräch mit Heinz von Foerster, 1998 – Der Wandel der Psyche im Spiegel der Literatur – K. Oatley: Zur Psychologie literarischer Geschichten – Text und Aufführung – C. B. Sucher: Das deutschsprachige Theater zwischen Text und Spiel – A.-K. Zimmermann: Zur Interpretation musikalischer Texte – oder: Versuch über die wahre Art, musikalischen Text zu lesen – Die Bibel und ihre Leser – J. Seip: Die Bibel im Spannungsverhältlniss objektiver und subjektiver Lektüre. Ein didaktischer Quergang

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Wider die falschen Eindeutigkeiten und den Verlust des Lesens, Herta Renk

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2010
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