Wirklichkeitshorizonte
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Auf der Suche nach den ökonomischen Wurzeln von Armut reiste die Wienerin Ilse Arlt (1876–1960) zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch halb Europa. In der Folge suchte sie nach den theoretischen Grundlagen einer eigenständigen Wohlfahrtswissenschaft. Soziale Arbeit war in ihren Augen angewandte Armutsforschung und bedürfnisorientierte Fürsorgepraxis. Einige Jahre später entwickelte der indische Ökonom und Nobelpreisträger Amartya Sen in den späten 1970er-Jahren den „Befähigungs-Ansatz“ – Capability Approach –, der die Basis für den Weltarmutsindex lieferte. Martin Hunold sucht nach Gemeinsamkeiten zwischen der forschungsorientierten Fürsorgekonzeption Arlts und dem aktuell vielfach diskutierten Befähigungsansatz und fragt nach möglichen Anschlussstellen hinsichtlich der wissenschaftlichen Theorieentwicklung sowie Forschungskultur Sozialer Arbeit. Daneben lokalisiert er zentrale geschichtliche Wurzeln und Entwicklungslinien des sozialpädagogischen Faches und erörtert das Hilfe-Kontroll-Paradigma von personenbezogenen sozialen Dienstleistungen. Vor dem Hintergrund persönlicher Entfaltung und sozialer Bedürftigkeit werden menschliche „Wirklichkeitshorizonte“ bzw. verinnerlichte Sichtweisen zum Thema und sozialstaatliche Interventionsmöglichkeiten sowie Chancenstrukturen problematisiert. Facettenreich und auf breiter Literaturbasis zeigt Martin Hunold Perspektiven für eine kritisch-reflexive, empirisch aufgeklärte und subjektorientierte Soziale Arbeit in der Moderne auf.