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In der avancierten Popkritik genießt Transzendenz keinen guten Ruf. Im frühen Punk wurde ein explizites Transzendenzverbot ausgerufen; das bewegungslinke Lager denunzierte das “Ausklinken” als konterrevolutionär oder verklärte es im Reggae zum “antiimperialistischen Befreiungskampf”. Als der moderne Pop in den 1950ern entstand, war er das Immanenteste überhaupt geschaffen für das reine Diesseits. Das Jenseits, die Transzendenz, tauchte lediglich ironisch gebrochen, als Diskurs zweiter Ordnung auf. Erst ab den 1960ern lassen sich explizite Transzendenz-Momente im Popkosmos finden. Und gleichzeitig wurde Kritik laut: Was ins Jenseits ausgreift, ist entweder kein Pop oder schlechter Pop. Doch Pop störte sich nicht daran, brachte das Transzendente als Leerstelle zum Schwingen und füllte diese mit Schlagworten aus dem Fundus von Esoterik, Raumfahrt und Psychedelic. Kurz darauf wurde das Transzendente offensichtlich gemacht. Christlicher Rock und der islamisierte Cat Stevens wollten den Pop missionieren, Heavy Metal verklärte ein negatives Christentum. Und im Krautrock, im Jazz und in der experimentellen Musik diente ein Spiritualitätsgestus stets der Abgrenzung zu den Niederungen der Popkultur. In den 1990ern wurde die Transzendenz dann rehabilitiert, zumindest solange sie nicht mit säkular-moralischen Normen in Konflikt geriet. Dem Jenseits brachte man dieselbe diffuse Toleranz entgegen, wie den meisten anderen Pop-Phänomenen auch. Heute bedienen Neo-Drone und Neo-Psych ein bestimmtes Marktsegment unter vielen gleichwertigen. Und damit macht sich Sprachlosigkeit breit. Wie reden wir über spiritistischen Neo-Folk oder Hauntology, wenn die politisch inspirierten Kategorien der Vergangenheit ebenso wenig greifen wollen wie diejenigen der Weltflucht? Und was genau ist das Transzendente an der gegenwärtigen Entgrenzung der Stile?