Der unsichtbare Staat
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Der demokratische Staat gilt als das »Öffentliche - Veröffentlichte«, als das Sichtbare schlechthin. Die Forderung nach »Transparenz« seiner Organisations- und Handlungsformen ist höchstrangiges Verfassungsgebot der Rechtsstaatlichkeit. Zugleich aber läuft, wenig bemerkt, eine große Entwicklung in eine ganz andere Richtung: Etwas wie eine »Ent-Uniformierung«, Ent-Pathetisierung, ja Ent-Formalisierung hat die Staatlichkeit in all ihren Bereichen ergriffen. Offizielle Beamtenkleidung verschwindet, Staatsarchitektur wandelt sich zum ökonomischen Zweckbau, in Bürgernähe sollen Ton und Inhalt staatlicher Anordnungen die Bedrohlichkeit der »obrigkeitlichen Gewalt« vergessen lassen. Auf einer großen Privatisierungswelle bewegt sich der Hoheitsstaat hin auf die Gleichordnungsebene seiner Bürger. Aus Gewaltunterworfenen immer mehr zu Partnern geworden, sehen viele in alldem nur einen großen Machtabbau, und sie begrüßen ihn. Wenig ist aber bisher darüber grundsätzlich nachgedacht worden, ob darin nicht ein »Marsch aus der Öffentlichkeit« sich vollzieht, der Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit gefährden könnte. Stehen wir in der Entwicklung zu einem »Unsichtbaren Staat«, zu neuen Formen der Machtausübung im Verborgenen, ohne Theatralik, aber nur um so wirksamer, weil schwerer durchschaubar? Wenn sich etwas zu formieren beginnt, aus vielen Bereichen heraus, wie ein Unsichtbarer Staat, so könnte, hinter so manchem wirklichen Machtabbau, leicht etwas ablaufen wie Machtverschleierung. Nichts aber war für die Freiheit je gefährlicher als Kryptogewalt, geheime Mächte. Diese Untersuchung will neue Formen der Machtausübung - denn um nichts anderes geht es - ins Bewußtsein heben, in ihrer freiheitsgefährdenden Dimension; dabei stehen keineswegs die »klassischen« Formen der Geheimpolizei im Vordergrund. Gestellt wird vielmehr die Frage, ob man heute bereits mit etwas leben muß wie einem »Unsichtbaren Staat«, der sich weiter perfektioniert. Es sind dies Betrachtungen zu neuen Techniken der Macht, die fliehen aus dem Licht der Freiheit.