Beurteilung des Schädigungsverhaltens einsatzgehärteter Kerbproben mit Hilfe eines lokalen Konzeptes
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Einsatzgehärtete Zahnräder in Fahrzeuggetrieben sind zyklisch höchstbeanspruchte Bauteile. Ihre Lebensdauer wird bestimmt durch das Zusammenwirken von Beanspruchung, Zahnflankentragfähigkeit und Zahnfußtragfähigkeit. Letztere wird durch eine Vielzahl von Parametern beeinflusst. Die Zahngeometrie bestimmt die Spannungsüberhöhung, die lokal aufgrund von Kerbwirkungen auftritt, und den Gradient der Lastspannungen unter der Zahnfußoberfläche. Die chemische Zusammensetzung und vorliegende Verunreinigungen legen im Zusammenwirken mit der chemothermischen Behandlung den Randkohlenstoffgehalt, die ggf. auftretende Randoxidation sowie Restaustenitgehalt, den Kohlenstoffgradient, die Einsatzhärtetiefe und den resultierenden Eigenspannungszustand fest. Die spanende Endbearbeitung und ggf. vorzunehmende Kugelstrahlbehandlungen bestimmen die Oberflächentopographie, beeinflussen den oberflächennahen Eigenspannungszustand und können durch Restaustenitumwandlung Gefügeänderungen bewirken. Insgesamt liegen Gradienten der Lastspannungen, der Eigenspannungen und der lokalen Werkstoffeigenschaften vor, die bei der Getriebebeanspruchung in komplexe Wechselwirkung miteinander treten. Dabei reicht es keineswegs aus, nur die Oberflächenwerte von Last- und Eigenspannungen sowie des Werkstoffgefüges und der daraus resultierenden Eigenschaften zu betrachten, sondern deren ortsabhängige Verteilung. Die Bewertung der Zahnfußbeanspruchung wird durch die mögliche Veränderung der Eigenspannungsverteilung und des Gefüges während der zyklischen Beanspruchung erschwert. Eigenspannungen können bei hinreichend hohen Beanspruchungen zyklisch abgebaut und durch beanspruchungsinduzierte Restaustenitumwandlung umgelagert werden. Eine positive Auswirkung von durch chemothermische Behandlungen und ggf. durch Randschichtverfestigungsverfahren erzeugte Druckeigenspannungen auf den Widerstand gegen Rissbildung und Rissausbreitung kann daher nur in dem Ausmaß erwartet werden, der sich als zyklisch stabil erweist. Die an und unter der Zahnfußoberfläche vorliegende zyklische Beanspruchung wird durch die örtlichen Werte für die Lastspannungsamplitude, die (Last-) Mittelspannung und die Eigenspannung bestimmt. Von besonderem Interesse ist daher die Kenntnis der Mittelspannungs- und Eigenspannungsempfindlichkeit der Dauerfestigkeit der Werkstoffzustände in versagenskritischen Bauteilbereichen. Die vorliegenden Untersuchungen zu diesem Thema beschränken sich meist auf homogene Werkstoffzustände. Es fehlen systematische Analysen, inwieweit die bekannten Zusammenhänge für einsatzgehärtete Zustände Gültigkeit haben. Für die Lebensdauerabschätzung gradientenbehafteter, zyklisch beanspruchter Bauteile eignet sich das örtliche Konzept. Es beruht auf dem Vergleich der in versagenskritischen Bauteilbereichen auftretenden örtlichen Beanspruchungen und des dort vorliegenden örtlichen Werkstoffwiderstands und bietet somit prinzipiell die Möglichkeit, die Auswirkung gradientenbehafteter Randschichten bei der Bewertung des Schwingfestigkeitsverhaltens zu berücksichtigen. Ziel dieser Arbeit ist die Erstellung eines lokalen Konzeptes, mit dessen Hilfe eine Beurteilung einsatzgehärteter, gekerbter Probenzustände unter zyklischer Biegebeanspruchung mit unterschiedlichen Eigenspannungszuständen möglich ist. Hierfür soll ein einfaches Modell zur Abschätzung der Dauerfestigkeit entwickelt werden, für welches die benötigten Kenngrößen auf möglichst einfache Weise experimentell ermittelt oder empirisch abgeschätzt werden können.