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Preussen und Livland im Zeichen der Reformation

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Preußen und Livland (die heutigen Staaten Estland und Lettland) gehörten zu den ersten Gebieten in Europa, auf die der von Wittenberg ausgehende reformatorische Funke übersprang, schon ab den Jahren 1522/23, und die sich nach Martin Luthers Bruch mit dem Papsttum der neuen Lehre zuwandten. Luther war erstaunt und erfreut über die rasche dortige Verbreitung seiner Predigt: „Und siehe die Wunder, nach Preußen eilt in voller Fahrt und mit vollen Segeln das Evangelium. Das Evangelium geht auf und schreitet fort in Livland, so wunderbar ist Christus“. Der Vergleich zeigt freilich, dass die Reformation unter ganz unterschiedlichen verfassungspolitischen Voraussetzungen in die beiden Länder am östlichen und südöstlichen Rand der Ostsee eindrang und sich durchsetzte. In Preußen gaben der Landesherr, der Hochmeister des Deutschen Ordens und seine geistliche Korporation, und die Bischöfe ihren bisherigen geistlichen Stand auf und schlossen sich im Einvernehmen mit Adel und Städten nach rascher Entscheidungsfindung innerhalb von drei Jahren der Reformation an. Der Deutschordensstaat wurde in ein weltliches evangelisches Herzogtum umgewandelt, es entstand das erste evangelische Territorium mit einer eigenen evangelischen Landeskirche im deutschen Sprachraum. In Livland stießen die reformatorisch gesinnten großen Städte mit Riga und Reval (Tallinn) an der Spitze auf den Widerstand der geistlichen Landesherren, des Deutschen Ordens, des Erzbischofs von Riga und der vier Bischöfe, die ihre Landesherrschaften nicht aufzugeben gedachten. Altkirchliche und reformatorische Kreise rangen jahrzehntelang hartnäckig auf den allgemeinen Landtagen und innerhalb der einzelnen Territorien miteinander, bis die Anhänger des neuen Glaubens mit ihren evangelischen Auffassungen allgemeine Anerkennung gefunden hatten. Das Aufkommen und die Verbreitung von Luthers Lehren stellten Landesherren, Stände und Untertanen vor die Frage nach ihrer grundsätzlichen Orientierung in der drohenden Kirchenspaltung. Die zehn Aufsätze des Bandes untersuchen, wie sich Preußen und Livländer in dieser Umbruchsituation der 1520er bis 1560er Jahre verhielten, wie sie auf die kirchliche Herausforderung reagierten, von welchen Überlegungen sie sich dabei leiten ließen und wie dadurch eine neue kirchliche und weltliche Ordnung unter evangelischen Vorzeichen entstand.

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