Wissen, Nicht-Wissen und Herrschaftswissen
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Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts war ein Großteil des nordamerikanischen Kontinentes in Europa noch gänzlich unbekannt. Dies läßt sich besonders anhand von zeitgenössischen Karten erkennen, die für die Regionen, die heute als der kanadische Westen bezeichnet werden, nicht mehr als kurze Bemerkungen wie „Man weis nicht, ob in diesem ganzen Stücke Laender oder Meere sind“ (Allgemeine Historie der Reisen, 1759) zeigen. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, daß bereits seit mehr als einem Jahrhundert Europäer, genauer Pelzhändler britischer und französischer Herkunft, immer wieder in die angesprochenen Gebiete gereist und seit vielen Jahrzehnten fest dort ansässig waren. Außerhalb der Handelsgesellschaften wurden ihre Berichte jedoch offensichtlich nicht rezipiert. Eine Unterscheidung zwischen Wissen und Nicht-Wissen bietet sich in besonderem Maße für eine Untersuchung der europäischen Reisetätigkeiten im kanadischen Westen an, weil das Vorhandensein bzw. Fehlen von Kenntnissen und Informationen weiteres Reisen erheblich beeinflusste. Wer Wissen hatte, konnte auf unterschiedlichste Arten und Weisen Macht bzw. Herrschaft ausüben. Dieser Arbeit liegt die zentrale These zugrunde, daß der Verlauf von Reisen im Nordwesten Nordamerikas, der daraus resultierende Kulturkontakt und die anschließende Veröffentlichung bzw. auch Nichtveröffentlichung neuer Erkenntnisse zum größten Teil unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ablief. In diesem Zusammenhang kommt die Kategorie des Herrschaftswissens ins Spiel. Die Geschichte des Reisens in den und im kanadischen Westen sowie die Bedeutung und Wirkung der Reiseberichte innerhalb eines europäischen Rahmens werden im vorliegenden Werk erstmals auf umfassender Ebene analysiert.