Neues und noch Unbekanntes über Paul Celan schreiben? Ja! Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes tun genau das. Sie offenbaren bislang unbeachtete Facetten des grandiosen Schriftstellers und stellen Bekanntes überraschend und deutlich differenzierter dar: Artur R. Boelderl, Andrei Corbea-Hoișie, Martin A. Hainz, Vivian Liska, Leslie Morris, Leonard M. Olschner und Barbara Wiedemann entdecken Paul Celan neu. Gemeinsam schaffen sie neue Zugänge und Interventionen zu Celans umfangreichem Werk. So legen sie das notorisch Widerstreitende seiner Verse offen und zeigen, wie er einerseits Trost und Hoffnung im Glauben sucht und andererseits zugleich damit hadert. Dekonstruktion und Destabilisierung prägen Celans lyrisches Werk und seine unnachahmliche Sprache.
Das wirkmächtige Schaffen Werner Hamachers (1948-2017) steht nicht zuletzt für eine produktivsinnhafte Auseinandersetzung mit dem Poststrukturalismus und den daran geknüpften Debatten. Auf vielfältigen Wegen - als Theoretiker, als Übersetzer oder auch als Lehrender - hat Hamacher eine Beschäftigung mit Literatur und ihren Kontexten vorgelebt, die entgegen manchem Missverständnis der Dekonstruktion gegenüber gerade von deren Genauigkeit und Eleganz sowie von weitläufiger Fachkenntnis geprägt war. Seine Studien zu Hegel oder Celan beispielsweise geben immer noch einen hohen Maßstab für die Möglichkeiten geisteswissenschaftlichen Arbeitens ab, seine thesenhaften, durchaus eigenwilligen Veröffentlichungen Für - Die Philologie und 95 Thesen zur Philologie wurden (und werden) weit über die Grenzen der Fachwelt hinaus rezipiert. Insbesondere in diesen späten Schriften hat Werner Hamacher sein Denken in und an der Sprache aber weniger als Theorieangebot begriffen, denn als Erkundung eines philologischen Affekts„. Diese “philía", die Befreundung mit der Sprache unter Berücksichtigung aller Schwierigkeiten, die unserer sprachlichen Existenz immer schon widerfahren, wird dabei von Philosophie und Theorie abgegrenzt, von ihrem Gegenstandsbereich her jedoch offensiv ent-grenzt. Ausgehend von dieser Doppelbewegung fragt diese Ausgabe, wie sich Hamachers Denken genauer konturieren lässt, welche produktiven Reibungspunkte sich ergeben und inwiefern der philologische Affekt für eine poetisch-theoretische Auffassung von (erneuerter) Wissenschaftlichkeit stehen kann. Wir fragen nach einem gegenwärtigen Denken, Schreiben und Forschen von/mit/über Literatur unter Bezugnahme auf Hamachers Werk und Wirken. Mit Beiträgen u. a. von: Arantzazu Saratxaga Arregi, Susan Bernstein, Artur R. Boelderl, Heinrich Dunst, Aris Fioretos, Werner Hamacher, Christine A. Knoop, Gerhard Richter, Eva Schörkhuber, Herbert J. Wimmer, Dominik Zechner, Christian Zolles
Text und Transgreß bei Friedrich G. Klopstock, unter besonderer Berücksichtigung des 'Messias'
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Friedrich Gottlieb Klopstock, ein Autor, dem die , interpretive communities' Unrecht taten. Empfindsamer Illustrator der biblischen Heilsgeschichte, wie die Zeitgenossen vermeinten? - Sein Hauptwerk, , Der Messias', ist aber mehr als dies, geprägt durch eine moderne Sprache, eine Rhythmik, die den Text vorantrieb und noch -treibt, eine Kinetik noch der Visionen, etwa: eines Alls der Aufklärung. Auf dem Umweg über die Sprache und insbesondere die Metrik legt diese Studie jene Qualitäten nochmals frei, jene von Experiment und Eskalation: „Jeder Gedanke, mit dem du dich selbst, o Erster, durchschauest, Ist erhabner, ist heiliger, als die stille Betrachtung, Auf erschaffene Dinge von dir hernieder gelassen“ ...
Der Lapsus ist ein bekanntes Phänomen: eine versehentliche Handlung oder ein geradezu unterlaufener Text, woran sich ablesen läßt, was die Wahrheit sei, meist die der Intention dessen, der sich vergeblich hinter jener Handlung verstecken, mit jenem Text maskieren wollte. Zumindest vermag der Lapsus die intentio auctoris dessen, was also gelesen wird, so zu wenden, daß eben jene freigelegt würde, die lautete: Der Text möge sie bedecken. Der Lapsus berührt also das Uneigentliche, und sei’s irreduzibel, um es zu transzendieren. Darin liegt eine Würde des Lapsus, der dann nicht Fehler, sondern List zum Beispiel der Sprache wäre. In ihm ist „so viel Verstand, daß er fast zu nichts mehr in der Welt zu gebrauchen” ist, so ließe sich mit Lichtenberg sagen. Zuletzt widerlegt und erfüllt sich im Lapsus also, was Kultur ist: darum diese kleine Fehler[kultur]wissenschaft.
Rose Ausländer als Dichterin zwischen den verschiedenen Sprachwelten, aus denen sie ver- und entwurzelt kommt, zu beschreiben, ist das gemeinsame Arbeitsmotto der in dieser Monographie versammelten Aufsätze. Die Vielstimmigkeit von Werk und Existenz Ausländers in diesem Sinne zu fokussieren heißt auch aufzuspüren, wie bei ihr Identität und Integration – im wahrsten Sinne des Wortes – zur Sprache kommen.
Paul Celan war der vielleicht wichtigste Poet des zwanzigsten Jahrhunderts. Seine Dichtung ist bis heute exemplarisches Wort im Schweigen, jenem der Opfer, derer es gedenkt, wie jenem der Täter, an die es es wie an ihre mörderische Nicht-Sprache erinnert. Dieses Werk in seinen Facetten beleuchtet dieser Band darum multiperspektivisch. In Essays werden die wesentlichen Anliegen seiner Texte herauspräpariert, die Momente seiner Trauer, die jedenfalls in den Texten doch nie schlicht resignativ ist, sondern seine Kritik befeuert, und seine brillante Polemik. „Sie, die Sprache, blieb unverloren, ja, trotz allem.“ Dieser genuinen Sprache wird auch indirekt nachgegangen, über die Beziehungen zwischen Celans Texten und jenen beispielsweise Peter Szondis, dessen Stringenz doch Fehler zeitigt, die ein umso schärferes Verstehen der Dekonstruktion, die Celan betreibt, gestattet. Verstanden wird hier Celans Werk unter anderem geradezu als Rezeptionsfalle, zu der Günther Anders und viele andere sich verhalten mußten. Das Ergebnis ist ein „Verweisnetz“, worin Celans Werk durch einen „polyphonen Diskurs“ (so Klaus Werner zu Hainz' Masken der Mehrdeutigkeit) als ebensolcher kenntlich wird. Das letzte Wort wird nicht sein, nie, davon zeugt das Gedicht Celans, und dafür zeugt es. Dieser Band tut es ihm - philologisch - gleich.
Heilige versus unheilige Schrift – in Texten hat (Schrift-)Religion ihr Fundament, doch zugleich ihre Fraglichkeit. Und diese ist ihre schlechthinnige Ressource selbst, wie vorliegender Band zeigt und untersucht.