Kerstin Kratochwill Knihy

»Das ist kein Blut, das ist nur rote Farbe« (Jean-Luc Godard). Das Kino ist eine Welt der Illusionen. Doch wann wird es zur Lüge? 24 mal pro Sekunde? Die Aufsatzsammlung spürt der Lüge im Kino anhand beispielhaft analysierter Filme verschiedener Genres nach. Die Filme Blow Up, Der Clou, Rashomon, Der Kontrakt des Zeichners, Das Leben ein Pfeifen, Schwarze Katze, weißer Kater sowie eXistenZ und Lost Highway werden in interkultureller Breite sowohl inhaltlich als auch medienreflexiv auf die Aspekte der Lüge, der Täuschung und der Manipulation hin untersucht. Die Beiträger arbeiten die Spannung der Lüge im Kino heraus: Es geht ihnen sowohl um das Lügen im Film als auch um das spezifisch ästhetische Lügen des Films.

Elias Canettis Gesamtwerk ist hinsichtlich seines moralischen Hintergrunds umstritten, was die Auseinandersetzung mit der Lüge zu einem spannenden Thema macht. Während einige ihn als letzten „Humanisten“ betrachten, sehen andere ihn als boshaften Machtverteidiger. Beide Sichtweisen sind einseitig, denn Canettis Perspektive ist ambivalent und beschäftigt sich intensiv mit den Themen „Wahrnehmung und Wahrheit“, „Subjektivität und Spiel“, sowie „Leben und Lüge“. Beginnend mit seiner dreibändigen Autobiographie, dem Roman „Die Blendung“, und seinem anthropologischen Werk „Masse und Macht“ bis hin zu seinen Aphorismen und literarischen Nachlass, entwickelt er ein spezifisches „Gedankengebäude“, das ihn sowohl als „Experten der Macht“ als auch als „Experten der Lüge“ ausweist. Die „Lüge“ tritt bei Canetti auf drei Ebenen in Erscheinung: in seiner Autobiographie, seiner Poetologie und seiner Philosophie. Diese Ebenen sind nicht strikt getrennt, sondern überlappen sich und bilden einen graduellen Lügenbegriff. Canetti zeigt das janusköpfige Wesen der Lüge: Der verwerflichen Lüge, die dem Machtaufbau dient, steht die spielerische Lüge gegenüber, die Verwandlung und Widerstand ermöglicht.