Die Politikwissenschaft wird aufgefordert, ihre Verantwortung in der aktuellen Demokratie- und Politikkrise in Österreich und international wahrzunehmen. Dabei soll sie verständliche Betrachtungsweisen und Perspektiven aufbereiten, um der Öffentlichkeit wertvolle Einsichten zu bieten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer aktiven Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der politischen Landschaft.
Textprobe: Kapitel 11 Perpetuierung der Kapitalismusmacht: Globalisierung Die
Globalisierung hat es mit sich gebracht, dass die westliche kapitalistische
Wirtschaft in der Lage ist, dem sich selbst auferlegten Dauerdruck der
Profitmaximierung ständig und leicht nachzukommen. Eine der von allen
Unternehmen vorgeschobenen Prioritäten ist die des erforderlichen Wachstums,
um Investitionen zu leisten. Den Maximen Profitmaximierung und Dauerwachstum
unterliegen insbesondere die international agierenden Großfirmen und Konzerne,
deren Mitbesitzer, Holdings, Aktionäre, die Vergütung an ihre Manager
(Geschäftsführer, Vorstände) an den Gewinn des Unternehmens sowie dessen
Aktienwert gekoppelt haben. Daraus leitet sich natürlich für die
Unternehmensführer das primäre Interesse zur Steigerung des Unternehmenswertes
ab, zumal es international gängige Praxis ist, dass die Manager auch
Stockoptions erhalten, weswegen deren Einkommenssteigerungen ins Groteske
ausufern. Vor ein paar Dezennien zurück lagen deren Einkommen bei etwa dem
20-fachen eines mittleren Angestellten und beträgt heute bis zum 350-fachen.
Das fatale an dieser westlichen Motorik ist, dass auch die Verfolgung
kurzfristiger Gewinne weder ein moralisches noch ethisches Manko in Bezug auf
die Firmenpolitiken darstellt und zur Gewinnmaximierung alle Mittel zur
Kosteneinsparung ausgeschöpft werden. Im Zusammenhang stehend Der Mitbewerb
macht es ja auch! bedeutet, dass die Produktionen in (noch) Billiglohnländer
über Kontinente hinweg verlagert werden, wo es weder gesetzliche Normen für
Betriebs- oder Arbeitsschutz gibt noch ausreichend soziale staatliche
Leistungen erbracht werden. Subsumiert gesagt: Die Globalisierung begünstigt
das Entstehen transnationaler (Welt-)Konzerne mit weltweit verzerrten
Sozialsystemen, woraus neue Wirtschaftssystematiken folgen. Daraus ergeben
sich hinsichtlich der Einkommensstrukturen national wie international
Ungleichgewichte. Es kommt zu einer Verkettung hochkapitalistischer Züge -
frei nach Milton Friedmann: ungezügelte Freiheit im Tun, keine Störung der
Marktwirtschaft durch staatlichen Eingriffe (Kapitel 7 / Monetarismus). Die
langsam aber stetig voranschreitende Erodierung der Arbeitsstrukturen in den
Industriestaaten muss politisch mit großer Ernsthaftigkeit und Weitblick durch
geeignete Maßnahmen zum Erhalt des sozialen Friedens verfolgt werden. Ganz
besonders in Hinblick auf die bevorstehenden Auswirkungen des begonnenen
digitalen Umbruchs resultierend aus den Zielverfolgungen von Industrie 4.0 als
Prozess der Robotik und Ausweitung von virtuellen Unternehmensformen, aber
auch in Bezug auf die Konsumtion, da sich ein im Umfang noch nicht absehbares
Marktgeschehen durch die rasch wachsenden Online-Einkäufe entwickelt. Trotz
der Globalisierungsmaschinerie und deren Triebkraft bezogen auf die raschen
Veränderungen befinden sich die westlichen Demokratien in einer Zeitphase
anhaltender politischer Schlichtheit. Unabhängig davon wird stets von
Herausforderungen gesprochen anstatt das negativ besetzte Wort Probleme in den
Mund zu nehmen und die Bevölkerung der Wahrheit entsprechend von den zu
bewältigenden Miseren zu informieren. Die zu beobachtende Regel lautet
nämlich, die Politikentscheidungen in steigendem Maße auf die supranationale
Ebene zu verlagern, nicht zuletzt durch das Geflecht von staatenähnlichen
Organisationen, wie: EU, Wirtschafts- und Währungsunion, Europarat, WTO und
Weltbankgruppe sowie der Relevanz der UN mit ihren diversen spezialisierten
Unterorganisationen (Internationaler Gerichtshof, Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte), OSZE u.a. Eine konkrete Erklärung dafür mag sein, zumal die
Globalisierung ein Prozess ist, durch den die Märkte und Produktion in
verschiedenen Ländern immer mehr voneinander abhängig werden - dank der
Dynamik des Handels mit Gütern und Dienstleistungen und durch die Bewegungen
von Kapital und Technologie (Plate 1999: 32). Als generelle
Das vorliegende Buch vermittelt in drei Abschnitten einen Abriss zu wesentlichen Entwicklungen und politischen Geschehnissen ab 1945 mit besonderem Einfluss auf die demokratische Entwicklung Österreichs. In der Nachkriegsära sind materieller Notstand sowie die Selbstfindung Thema, ebenso die Problembewältigung der Besatzungszeit durch fremde Mächte und der Weg zur Erlangung der Souveränität. In der wiedererstandenen Demokratie waren progressives Gemeinwohl sowie die Hebung wirtschaftlicher Potentiale prioritär, wodurch Österreichs Aufstieg zum Wohlfahrtsstaat und die Entfaltung zur Offenen Gesellschaft möglich wurde: Der EU-Beitritt (1995) löste in Österreich einen gesellschaftlichen Wandel aus, der die liberale Haltung und soziale Marktwirtschaft manifestiert. Zeitadäquat wird die "Globalität" in Bezug auf die multipolare Welt, politische Sichtweisen sowie der Einfluss auf die westlichen Demokratien reflektiert, wodurch insbesondere innenpolitische Querelen in den EU-Mitgliedsländern entstehen und es zu Veränderungen in der jeweiligen Bevölkerung kommt. Politisch Interessierten wird mit diesem Buch ein zeitnaher Überblick über Österreich im Kontext mit Politik und Demokratieentwicklung angeboten, was zu einem spannenden Diskurs über Demokratie"obsorge" sowie demokratische Errungenschaften animieren soll.