Sozialer Wandel und ein zunehmend polarisiertes gesellschaftliches Klima stellen die Demokratie und die Bildungsinstitutionen in Deutschland vor grundlegende Herausforderungen. Der vorliegende Band wirft einen empirischen Blick auf das Verhältnis von Bildung und Demokratie in Kita und Schule. Die Autor*innen analysieren die Ausgestaltung bildungspolitischer Vorgaben sowie fachdidaktischer Konzepte in Bildungs- und Lehrplänen, Schulbüchern und pädagogischer Praxis. Dabei zeigen sie Potenziale auf und diskutieren Spannungsfelder und Grenzen des pädagogisch Leistbaren.
Zum deutschen Weg aus der kriegsgesellschaftlichen Moderne 1943–1949
In Deutschland führt der Zweite Weltkrieg zu einem grundlegenden Struktur- und Mentalitätswandel, während in Frankreich und England der Erste Weltkrieg diese Transformation prägt. Nach dem Krieg bricht die Gesellschaft mit den Mobilisierungssystemen des Heroismus und Bellizismus und beginnt, ein Selbstverständnis zu entwickeln, das auf Zivilität, Integration und Kooperation ausgerichtet ist. Die Untersuchung rekonstruiert, wie die von Kriegs- und Gewalterfahrungen geprägte deutsche Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg diese Erlebnisse verarbeitet. Das Kriegsende wird nicht als statischer Wendepunkt betrachtet, sondern als Übergangsphase, in der sich die Gesellschaft schrittweise von den Kriegserfahrungen löst und ein ziviles Selbstverständnis entwickelt. Methodisch wird ein erweitertes Erfahrungsverständnis verwendet, das Erfahrung nicht nur als Abbild subjektiver Wirklichkeit sieht, sondern auch als Wissenskategorie, die sich je nach soziokulturellem Kontext ändern kann. Der Autor zeigt, dass die Kriegs- und Gewalterfahrungen weniger verdrängt als diskursiv neu gerahmt und bewältigt wurden. Das Bild der sakrifiziellen Aufopferung verschwindet, während sich ein viktimes Sinnsystem entwickelt, das die narrative Bewältigung der Kriegsgewalt ermöglicht und dem Krieg die kulturelle Grundlage entzieht.