Mit der moralischen Intensität seines experimentellen Dokumentarismus hat Manfred Franke eines der wichtigsten Werke der siebziger Jahre über die „Reichskristallnacht“ geschrieben. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 bricht der Judenhaß aus in Deutschland. Auch in einer namenlosen Kleinstadt - später als Hilden enttarnt - werden jüdische Bürger gehetzt, sechs ermordet. „Mordverläufe“, zuerst erschienen 1973, macht den Schrecken von alltäglicher Gewalt erfahrbar, von Fremdenwut und Feigheit, von Mut und Verdrängung. Der Roman tut dies mit einer völlig neuen Mischung aus Dokumenten, Rechercheergebnissen, Erinnerungen, gleitend zwischen Fakten und Fiktionen.
Manfred Franke Knihy






Dieser Bericht stammt aus der Feder eines Lehrers. Eines Mannes, der auch Schüler war. Und das in einer Zeit, in der es alles andere als angenehm war, in eine Schule zu gehen, in der vorwiegend Entwürdigung, Demütigung und Gewalt auf die Kinder und Jugendlichen wartete. Ungeschönt und dennoch um Objektivität bemüht, erzählt Manfred Franke von seinen schrecklichsten, aber auch schönsten Erlebnissen aus seinen zwei prägendsten Lebensabschnitten: als Schüler und als Lehrer.
Die Personen: Else von Ardenne, Armand von Ardenne und Emil Hartwich. Eine Dreiecksgeschichte wie jede andere, wäre da nicht Theodor Fontane gewesen. Sie wurde die Grundlage für seinen 1894 im Vorabdruck erschienen Roman „Effi Briest“. Manfred Franke hat die Dokumente aus dem Familienarchiv Ardenne in Dresden neu gesichtet: In dem was Else von Ardenne in ihrern Aufzeichnungen verschweigt und Emil Hartwich in seinen Briefen umschreibt, wird der Zwang erkennbar, sich der Konvention anpassen und tarnen zu müssen. Eine große Liebesgeschichte tritt zutage. Hartwich ahnte das Scheitern und fand Trost darin, “doch wenigstens die Freude des Traumes“ gehabt zu haben. Armand von Ardenne musste erkennen, die Liebe zu seiner Frau „war nur ein Traum“. Fontane führte das Gelingen seines Romans darauf zurück, dass er ihn “träumerisch“ geschrieben habe. Im Mittelpunkt der Lebensbeschreibung der Else von Ardenne steht der Wille einer Frau zur Selbstbestimmung in einer Zeit, die das nicht zuließ.
„Vickler der bisher ruhig in Deutschland als herumziehender Landkrämer sich genährt hatte, hatte sich häufig gewundert, noch immer von den Räubereyen und Mordthaten zu hören, die fortwährend auf seinen Namen verübt warden, er war häufig vor sich selbst gewarnt worden, und hatte oft wahre und falsche Anekdoten von dem famösen Schinderhanns in den Dorfschenken den staunenden Bauern selbst erzählt; er wußte daher recht gut, daß er nichts weniger als vergessen war…“
Mordverläufe 9./10. XI. 1938
Ein Protokoll von der Angst, von Misshandlung und Tod, vom Auffinden der Spuren und deren Wiederentdeckung : Roman
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