Die Revolutionen in Europa beginnen immer auf StraÃen und PlÀtzen. TrÀger sind die unteren Schichten der Gesellschaft von den Tagelöhnern bis zu den Handwerksmeistern, öfters unterstÃŒtzt von Journalisten, Studenten und meist freiberuflichen Akademikern. Diese liefern in der Regel das ideologische RÃŒstzeug, sie sind manchmal die intellektuellen Antreiber, gelegentlich die Strategen des StraÃenkampfes. Dennoch ist das verbindende Element aller UmwÀlzungen in der ersten HÀlfte des 19. Jahrhunderts deren bÃŒrgerlicher Charakter. Das BÃŒrgertum bereitete sie dadurch vor, dass es seine Ideen der Neuordnung von Staat und Gesellschaft in Klubs und Medien propagierte und damit die LegitimitÀt der monarchischen und aristokratischen FÃŒhrungsrolle untergrub. Wenn auch nicht allein und auch nicht durchgehend, so hat es doch ÃŒberwiegend den Gang der Entwicklung bestimmt. Dazu dienten ihm nicht zuletzt die Provisorischen Regierungen. Sie waren wie auch die Parlamente seine Institutionen. Mit ihnen strebten sie das genuin bÃŒrgerliche Revolutionsziel an: die Neuordnung des politischen Verbandes durch eine Verfassung konstitutionellen Typs... Da das BÃŒrgertum nicht auf eine radikale Umgestaltung der MachtverhÀltnisse aus war, blieb der Adel in seinen EntwÃŒrfen ein Faktor der Politik. ... Man könnte einen ironischen Widerspruch darin sehen, dass keine Revolutionsregierung im Europa der ersten HÀlfte des 19. Jahrhunderts eine Institution von RevolutionÀren war. Dies gilt dann, wenn die Bezeichnung "RevolutionÀre" im landlÀufigen Sinne verwendet wird fÃŒr die in den StraÃen fÃŒr die Besserung ihres Loses kÀmpfenden Massen. Zwischen dieser meist unorganisierten, wenig planvoll vorgehenden und vor Gewalt nicht zurÃŒckschreckenden Revolution und der institutionalisierten bÃŒrgerlichen bestand ein dialektisches VerhÀltnis. Es trat unmittelbar in der Beziehung dieser Massen zu den Revolutionsregierungen zutage. Deren Durchschlagskraft hing, solange gegen die alten KrÀfte gekÀmpft wurde, ganz entscheidend von dem Druck ab, der von den Unterschichten ausging. War der Gegner ÃŒberwunden, dienten die Regierungen oft als Instrument, um den bisherigen KampfgefÀhrten von der Macht fernzuhalten. (Aus dem Beitrag von Karsten Ruppert) Jetzt reinlesen: Inhaltsverzeichnis(pdf)
Karsten Ruppert Knihy






Vorwiegend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat auf dem europäischen Kontinent die in Wirtschaft, Kultur und Geistesleben aufstrebende Schicht des Bürgertums um den ihr gemäßen Anteil an der staatlichen Macht, deren Ausübung bisher ein Privileg von Dynastien gewesen war, gekämpft. In Deutschland war dieses säkulare Ringen in mehrfacher Weise durch weitreichende Besonderheiten determiniert. Es vollzog sich hier nicht auf der nationalen Ebene, sondern in rund drei Dutzend staatlichen Gebilden von ganz unterschiedlicher Art und Stärke. Dort regierten teils seit Jahrhunderten im Land verwurzelte Dynastien, die deswegen umso selbstverständlicher das Herrschen als ihr Privileg betrachteten. Zusätzlich standen sie nicht mehr - wie noch zuvor in den feudalen Territorien - in Konkurrenz mit einer Vielzahl von Gewalten. Vielmehr waren sie nun die alleinigen Inhaber der Staatsgewalt beträchtlich vergrößerter und modernisierter Fürstentümer. Diese waren Glieder eines Bundes, der das nachrevolutionäre Europa auf der Grundlage der monarchischen Alleinherrschaft stabilisieren wollte. Das Ergebnis war eine deutsche Form der konstitutionellen Monarchie, in der die Distanz des Bürgertums zur staatlichen Macht für ein Jahrhundert befestigt wurde, obwohl seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenz dem seiner politisch erfolgreicheren Standesgenossen in West- und Nordeuropa in nichts nachstand. Die Ursachen dafür - so die Hypothese dieser Studie - lassen sich wohl am ehesten in dem Zeitraum finden, in dem die Bürger in Deutschland so selbstbewusst wie nie mehr um größeren politischen Einfluss gerungen haben. Dabei wird deren Selbstverständnis und deren Organisationsformen, den fürstlichen Abwehrstrategien und den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Durch die vergleichende Betrachtung der Verhältnisse in Süddeutschland und Preußen wie gelegentliche Ausblicke auf andere Bundesstaaten wird versucht, eine Gesamtschau über die vielgestaltige deutsche Entwicklung zu geben. Die in dem Zeitraum zwischen dem aufgeklärten Absolutismus und dem Scheitern der Revolution von 1848/49 gefallene verfassungsgeschichtliche Entscheidung erwies sich bis zum Ende des Kaiserreichs und seiner Bundesstaaten als nicht mehr revidierbar. Aus dieser Einsicht heraus wird abschließend das Wechselverhältnis von Parlamentarismus und Liberalismus im Vormärz gewürdigt.
Die deutsche Revolution von 1848/49, ein Markstein der deutschen Demokratiegeschichte, wird von einem ausgewiesenen Kenner der Epoche einem interessierten Publikum verständlich gemacht. Es werden nicht die bekannten Ereignisse nochmals erzählt, vielmehr werden gekonnt die großen Sichtachsen dieser Revolution im europäischen Zusammenhang aufgezeigt. Das Geschehen wird aus den jeweiligen politischen Konstellationen wie wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ursachen heraus gedeutet. Die Kräfte, die neben den Nationalversammlungen in Frankfurt und Berlin die Entwicklung bestimmt haben, werden gleichwertig berücksichtigt. Dabei zeichnet der Autor das Selbstverständnis, die Mentalität und politische Vorstellungswelt der bürgerlichen Revolutionäre nach und stellt sich die Frage, inwieweit diese zum Scheitern des Vorhabens beigetragen haben.
Die Exekutiven der Revolutionen
Deutschland 1848/49
Das Buch analysiert die Exekutiven, die zur Durchsetzung der revolutionären Ziele in Deutschland 1848/49 eingerichtet wurden. Im Mittelpunkt des Bandes steht die Provisorische Zentralgewalt für Deutschland. Es wird deren Entstehung, Aufbau wie deren Politik, Funktion und Bedeutung in der deutschen Revolution von 1848/49 untersucht. Ergänzend werden die gleichzeitigen Provisorischen Regierungen in Schleswig-Holstein, Sachsen, Baden und der Pfalz betrachtet – erstmals systematisch und vergleichend. Es erschließen sich in mancherlei Hinsicht neue Perspektiven auf die bürgerliche Revolution in Deutschland.
Die Pfalz im Königreich Bayern
Geschichte, Kultur und Identität
Mit dem Ende Napoleons und der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress wurde auch die Pfalz, die Region zwischen dem heutigen Baden-Württemberg, dem Saarland und dem heutigen Rheinland-Pfalz, dem Königreich Bayern zugeschlagen. Dort prallte nun moderne Staatsverwaltung auf gewachsene territoriale Herrschaft. Die Darstellung der pfälzischen Geschichte von 1806 bis 1918 ist daher ein wichtiges und gehaltvolles Teilkapitel der deutschen Geschichte. Der Band wird die politische Geschichte der bayerischen Pfalz im 19. Jahrhundert darstellen, um sie dann im zweiten Teil strukturgeschichtlich, d. h. aus gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Perspektive, zu erschließen. Aus der Perspektive der Geschichte einer Region kann der Leser entdecken, wie sehr die Pfalz nicht zuletzt die deutsche Geschichte geprägt hat und wie modern diese Landschaft im 19. Jahrhundert war.
Wittelsbach, Bayern und die Pfalz: Das Letzte Jahrhundert
- 308 stránek
- 11 hodin čtení
Der Sammelband behandelt zentrale Aspekte der Stellung des Rheinkreises / Regierungsbezirks Pfalz im Königreich Bayern zwischen der Angliederung im Jahre 1816 und dem Ende der wittelsbachischen Herrschaft 1918. Das geschieht durch ausgewählte thematische Längsschnitte, in denen die jeweilige Lage der Pfalz dadurch herausgearbeitet wird, dass sie in die gesamtbayerische Situation gestellt wird. Durch diesen vergleichenden Ansatz sollen die jeweiligen Besonderheiten und Gemeinsamkeiten deutlich werden. Indem die Gesamtheit der Beiträge herausstellt, wann, wie und in welchen Bereichen der Landesteil klar erkennbare Konturen innerhalb des Königreiches zeigte, wird dessen spezielles Profil sichtbar.Es wird aber nicht nur den bayerischen Prägungen der Pfalz nachgegangen, sondern auch danach gefragt, welche Herausforderung für Bayern darin lag, ein Gebiet zu integrieren, das einst aus annähernd 40 verschiedenen Territorien bestand, die hinsichtlich Verfassung, Konfession, Kultur und Wirtschaftskraft unterschiedlicher kaum sein konnten. Hinzu kam, dass als Folge der Modernisierung während ihrer Zugehörigkeit zu Frankreich die Kluft zu Altbayern für Jahrzehnte nur schwer zu überbrücken war.