Sulamith Sparre Knihy






Hannah Senesh
Widerstandskämpferin, Dichterin
Dichtung ist die Humanisierung des Fremden. Hieraus gingen alle großen Erzählungen der Vergangenheit hervor. Was aber einst Zusammenhang stiftete und Generationen miteinander verband, liegt nun in Trümmern. So ist die Arbeit am Mythos nur noch in Bruchstücken möglich. Inwieweit sich damit auch der Anspruch, den Menschen mit der Welt zu versöhnen, gewandelt hat, zeigt Sulamith Sparre (Jg. 1959) in ihrem zweiten Aphorismenband nach „Sterblichkeit der Worte“ (1981). In ihm kämpft Ikarus, das 'ewige Talent', gegen ein blindes Schicksal an. Ausgewählte Textbeispiele: „Kunst beginnt dort, wo zu leben nicht mehr genügt.“ / „Der Hochmut ist der elende Rest unseres göttlichen Ursprungs.“ / „Zeit bewirkt, daß auch Nichtvergessenes unwirklich wird.“ / „Gemessen am Tod ist der Gedanke an den Tod von unendlich größerer Bedeutung.“
Es gibt ein Gedicht, das ist ein Ungedicht.
Netti Boleslaw und Tuvia Rübner: Schreiben im Schatten von Auschwitz
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Schreiben im Schatten von Auschwitz bedeutet, unaufhörlich gegen die Grenzen der Sprache und das Verstummen anzuschreiben. Dies ist das Thema von Dichter/INNEN wie Nelly Sachs, Rose Ausländer, Jenny Aloni, Paul Celan sowie Netti Boleslav und Tuvia Rübner, deren Werke in Sulamith Sparres Monographie analysiert werden. Rübner beschreibt in einem Gedicht die Aporie der Sprache, die vor bestimmten Dingen zurückschreckt. Die Tautologie „Ersticken erwürgt ersticken“ verdeutlicht, dass die Worte oft versagen, wenn sie mit dem Unaussprechlichen konfrontiert sind. Rübner, der in Auschwitz seine Familie verlor, versucht, das Schweigen in die Worte der Dichtung zu bringen, was letztlich nur scheitern kann. Die Dichtung angesichts von Auschwitz wird zur „Engführung“, wie Celan es nannte. Über Auschwitz lässt sich nicht aus der Sicht des Zuschauers schreiben, da die Schrecken, die wir beschreiben können, nur Vergleiche sind. Die Shoah bleibt das Original, eine Metapher für den schlimmsten denkbaren Schrecken, der sich keiner poetischen oder literarischen Form fügen lässt. Das tiefste Schweigen ist das der Sinnlosigkeit, denn die Shoah ist das absolut Unvernünftige, das sich nicht in die Geschichte einfügen lässt, nicht einmal als ihre schrecklichste Episode. Sie passt weder in die jüdische noch in die deutsche Geschichte.
Die Französische Revolution fand nicht statt. Nicht für die Frauen. Sulamith Sparres Monographie zeichnet detailliert die Entwicklung der Französischen Revolution und den Kampf der Frauen darin nach und die geistesgeschichtliche Voraussetzung: die Aufklärung. Als deren prominenteste Vertreter zwar in den Schul- und Geschichtsbüchern Männer genannt werden (wie im Fall der Französischen Revolution auch), deren Anfänge indes ein knappes Jahrhundert vor der männlichen Aufklärung von Frauen geleistet wurden: ein vernachlässigtes Kapitel in der Geschichte der Philosophie. Mit Biographien von: den Aufklärerinnen des 17. Jahrhunderts zwei Feministen Etta Palm-Aelders Olympe de Gouges Manon Roland Anne-Josèphe Terwagne gen. Théroigne de Méricourt Sophie de Condorcet geb. de Grouchy Rose Lacombe und den Revolutionären Republikanerinnen Germaine de Staël Charlotte Corday Lucile Desmoulins
Sie ist die Zeitgenossin von Victor Hugo (1802-1885) und George Sand (1804-1876), aber längst nicht so bekannt wie diese. Doch im Gegensatz zu George Sand war Flora Tristan (1803-1844) keine bloße Salonsozialistin, sondern eine leidenschaftliche und engagierte Kämpferin für die Rechte und Menschen-würde der Frau und der Proletarier gleicher-maßen: In ihrem Buch „Spaziergänge in London“ (1840) nannte sie die Schattenseiten der industriellen Revolution in England - Verarmung weiter Kreise der Bevölkerung und Menschenhandel - beim Namen, ein halbes Jahrzehnt vor Friedrichs Engels Untersuchung „Zur Lage der arbeitenden Klasse in England“, zeitgleich mit Bettine von Arnims „Armenbuch“, das die Misere der schlesischen Weber vor den Toten Berlins beschreibt. Flora Tristans Streitschrift „Arbeiterunion“, worin sie zu gewerkschaftsähnlichen Vereinigungen, die die Interessen der Arbeiter vertreten sollen, aufruft, publizierte sie 1843, - die wichtigste sozial-istische Programmschrift vor Erscheinen des „Kommunistischen Manifestes“, dessen Autor fleißig Tristans Erkenntnisse für seine Arbeit nutzte - ohne dies der Erwähnung für nötig zu befinden.
Die Autorin ist ein überzeugender Beweis gegen die weit verbreitete Theorie von der „Unfähigkeit der Frau, zu komponieren“. Ihre geringe Bekanntheit könnte auf die Methodik zurückzuführen sein, die Frauen als Schöpferinnen in der Kulturgeschichte ausschließt. Die feministische Geschichtsforschung hat jedoch in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Gegenbeweise geliefert, auch in der Musikgeschichte. Ethel Smyth, deren umfangreiches Werk zu Lebzeiten bekannt und oft aufgeführt war, zählt dazu. Sie war eine gefeierte Komponistin von Berlin bis New York und eine Rebellin in ihrem Denken und Handeln. Ihre Persönlichkeit spaltete die Meinungen: Einige bewunderten sie, andere waren von ihr abgestoßen. Von 1910 bis 1912 engagierte sie sich in der Frauenstimmrechtsbewegung und verbrachte dafür mehrere Wochen im Gefängnis. Ihr „March of the Women“ wurde zur Hymne der Suffragetten. Quentin Bell, Neffe von Virginia Woolf, bezeichnete Smyth als „faszinierend“ und „unglaublich anspruchsvoll“ – ein Zeichen ihrer bemerkenswerten Präsenz. Ihre Exzentrik, Vitalität und der feste Glaube an die Qualität ihres Schaffens trugen zu ihrem Erfolg bei. Sie gründete ein eigenes Frauenorchester und erreichte 1922 mit der Ernennung zur „Dame Commander of the British Empire“ den Höhepunkt ihrer Karriere.
"Aber Göttlich und Außerordentlich reimt sich"
- 260 stránek
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„Ich heiße Catarina Elisabetha Ludovica Magdalena und werde vulgairement genannt Bettina.“ Ihre Briefe unterschrieb sie oft mit „Bettine“, was ihre erste poetische Tat und die Schaffung einer eigenen Identität darstellt. Am 20. Januar 2009 jährt sich ihr Todestag zum 150. Mal. Bettina Brentano, Dichterschwester, Muse Goethes und Dichtergattin, war auch Enkelin der Schriftstellerin Sophie La Roche und mehr. Sie gilt als poetische Biographin ihres Idols Goethe und ihrer Jugendfreundin Karoline von Günderrode. Als Nachlassverwalterin der Werke ihres 1831 verstorbenen Mannes Achim von Arnim und als fantasievolle Herausgeberin der Briefe ihres Bruders Clemens (1844) erlangte sie Berühmtheit durch ihre 1835 und 1840 veröffentlichten Briefbücher. Zudem ist sie als politische Publizistin und Gesellschaftskritikerin neu zu entdecken. Mit „Dies Buch gehört dem König“ konfrontierte sie 1843 König Friedrich Wilhelm IV. mit dem Elend der schlesischen Weber und thematisierte gesellschaftliche Missstände. Um der Zensur zu entgehen, ließ sie ihre Kritik von Goethes Mutter, der „Frau Rath“, vortragen. Die beigefügten „Erfahrungen eines jungen Schweizers im Vogtlande“ bieten erschütternde Augenzeugenberichte über die katastrophalen Lebensbedingungen der Spinner und Weber in den Elendsquartieren vor Berlin und stellen die erste Sozialreportage der deutschen Literatur dar.
"Das Herz eines Caesar im Busen einer Frau"
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Sie zerbrach die malerischen Erzähltraditionen, mit denen biblische und antike Heldinnen wie Jael, Judith, Susanna, Kleopatra oder Lucretia dargestellt wurden. In ihren Gemälden betont sie die Sicht des Geschehens konsequent aus weiblicher Perspektive: ein Werk, das ausdrucksstark die weiblichen Figuren in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Betrachters stellt. Ihre Bilder zeigen die weibliche Lebens- und Erfahrungswelt in einer patriarchalischen Gesellschaft – und – wahrscheinlich in dieser Radikalität, Grausamkeit und Kompromisslosigkeit wohl zum ersten Mal in der Kunstgeschichte – die Realität von sexueller Gewalt und Belästigung, - Themen, die von männlichen Kollegen gern pornographisch ausgebeutet und als „Verführung“, „Liebe“ oder „sexuelle Eroberung“ umgedeutet werden. Das Werk der italienischen Malerin Artemisia Gentileschi stellt darum – vor über 350 Jahren entstanden – auch für heutige Betrachter immer noch eine Herausforderung dar.