Die Berichte der antiken Autoren und die Überlieferungen der germanischen Völker selbst lassen diese ihrer Sozialstruktur nach als typische Männergesellschaft erscheinen. Tatsächlich hatten Frauen zur Volksversammlung, zum Thing, keinen Zutritt, und auch das sepzifisch germanische Gefolgschaftswesen war Männersache. Dennoch hatte die Frau in vielen Lebensbereichen eine herausgehobene, auch dominierende Position, so daß zumindest matriarchale Spuren in der patriarchalen germanischen Gesellschaft wahrgenommen werden können: Mehr als der Mann war die Frau für Religion und Kult zuständig; die Mutter befragte die Runen und lenkte damit das Geschick der Familie. Tacitus erwähnt, daß der Mann sich bei der Frau Rat hole. Als Priesterin oder "weise Frau" hatte sie großen Einfluß, ebenso als Zauberin oder als Wahrsagerin. Caesar berichtet, Frauen hätten im Heer Ariovists den Zeitpunkt der Entscheidungsschlacht gegen die Römer festgelegt. Besitzrechtlich waren Frau und Mann allerdings völlig gleichgestellt; die Mitgift der Frau blieb lebenslang ihr persönliches Eigentum, über das der Mann nicht verfügen konnte. Dr. Jakob Amstadt ist Studiendirektor am Olympia-Morata-Gymnasium in Schweinfurt.
Jakob Amstadt Knihy

