Jenseits der offiziellen sowjetischen Lyrik, im Untergrund entstanden und oft nur in illegalen Abschriften von Hand zu Hand gehend schilderten die Gedichte aus den Jahrzehnten der Stalinschen Unterdrückung mit poetischer Wucht und erschütternder Bildhaftigkeit das unsägliche Leid und die Qualen der zahllosen ermordeten Juden in Sowjetrussland und entlarvten die bedrückende Nähe des sowjetischen Antisemitismus zu dem des deutschen Faschismus. Ihre mehr oder weniger bekannten Verfasser wurden verfemt, verfolgt oder sahen sich, wie der spätere Nobelpreisträger Josef Brodskij, zu unfreiwilliger Emigration ins westliche Ausland gezwungen. Heute, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, gehören ihre Werke zum unveräußerlichen literarischen Kulturgut Russlands, finden eine Vielzahl von Lesern, für die sie einst geschaffen wurden, und stellen als beklemmendes Memento mori einen mahnenden Beitrag zur Geschichte der sowjetischen Judenverfolgung im einst von Stalin und seinen Schergen beherrschten Machtbereich dar, die ihr menschenverachtendes Pendant in der sich auf halb Europa erstreckenden Hitlerschen Eroberungs- und Vernichtungspolitik fand.
Gennadij E. Kagan Knihy



Wodka und Heuriger, Balalaika und Radetzkymarsch – eine Melange, die vielleicht nicht jedem bekommt. Aber wer sich darauf einlässt, dem wird dieses Bändchen aus Satire, Ironie und tieferer Bedeutung vergnüglich-nachdenkliche Ein- und Seitenblicke in österreichische und russische Befindlichkeiten bescheren. Ein gutes Jahrzehnt lang hat der russisch-österreichische Verfasser als leidenschaftlicher Beobachter festzuhalten versucht, was sich ihm darbot in Wien und in Sankt Petersburg, und hat hier wie dort so manche teils kuriose, teils denkwürdige verwandtschaftliche Züge aufgespürt. Gleichsam auf der Spitze des Stephansdoms sitzend und mit den Beinen baumelnd hat er sie mit kritischer Distanz beobachtet, die geschäftig-gemütlichen Alt-Wiener mit ihrem zuweilen wunderlichen Treiben und die russischen Neu-Wiener, die sich in bewährter Moskowiter Manier zu etablieren suchen in dem ungewohnten Wirrwarr der Donau-Metropole.