Die mittelalterliche Lehre vom Mikrokosmos und Makrokosmos
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In der (Natur-)Wissenschaft des Mittelalters gehören die Lehren vom menschlichen Körper und vom Universum zusammen. Nach der Auffassung der mittelalterlichen Gelehrten bestand nämlich eine Parallelität zwischen dem Weltall (Makrokosmos) und dem Menschenkörper, seinem Aufbau und seinen Funktionen (Mikrokosmos). Diese Vorstellung vom Menschen als einem verkleinerten Abbild der Welt beruht auf der eigentümlichen mittelalterlichen Überzeugung, dass es nichts im Universum gebe, was nicht seine Entsprechung im Körper des Menschen besitze. Die hier in einer behutsamen neuhochdeutschen Übersetzung wiedergegebenen naturwissenschaftlichen Kenntnisse des Mittelalters vom Weltall und vom Körper des Menschen bilden die beiden ersten Stücke in dem um 1350 von dem Regensburger Domkanoniker Konrad von Megenberg verfassten Buch der Natur. Dieses Werk ist die älteste in deutscher Sprache geschriebene Naturgeschichte und enthält eine Summa des gesamten naturwissenschaftlichen Wissens des Mittelalters. Die beiden hier ausgewählten ersten Stücke behandeln die Astronomie und Geographie sowie die Anthropologie und medizinische Lehre. Nach seiner eigenen Aussage wollte Konrad von Megenberg mit seinem Buch der Natur dem Volk die Wahrheit über die Natur und ihre Erscheinungen vermitteln. Doch auch dieser Gelehrte war nur ein Wissenschaftler auf der Höhe seiner Zeit und in deren Denkstrukturen befangen. So bietet er dann auch (natur- )wissenschaftliche Tatsachen bzw. Wahrheiten nach mittelalterlichen Maßstäben. Dementsprechend stellen auch seine Angaben über das Universum und den menschlichen Körper eine typisch mittelalterliche Mischung von exakter Naturbeobachtung und reiner Phantasie, von empirischer Erkenntnis und bloß geglaubtem Wissen dar. Noch bis in das 16. Jahrhundert hinein war das Buch der Natur ein Standardwerk der Naturgeschichte und eines der meistgelesenen Bücher im Mittelalter überhaupt. Aus ihm haben die breiten Volkskreise im späten Mittelalter bis in die Frühneuzeit hinein auch ihr astronomisches und geographisches Wissen sowie ihre medizinischen Kenntnisse geschöpft. Darin liegt sein heutiger großer kulturgeschichtlicher Quellenwert. Dieser Übersetzung sind eine ausführliche Einleitung sowie Erläuterungen im Text beigefügt, die vor allem dem interessierten Laien das Verständnis dieser mittelalterlichen naturwissenschaftlichen Schrift ermöglichen sollen.