Mit Kompass, Kutsche und Kamel
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Die Arbeit setzt sich aus zwei integralen Komponenten zusammen. Während zunächst die Geschichte der Reiseliteratur und des Reisens unter besonderer Berücksichtigung der Frau vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert rekonstruiert wird, erfolgt im zweiten Teil eine Neubewertung der Orient-Reiseberichte von Frauen aus dem 19. Jahrhundert vor dem im ersten Teil entwickelten Hintergrund und im Kontext der zeitgenössischen, männlich dominierten Orient-Rezeption. Hierbei wird deutlich, daß den Orient-Reiseberichten von Frauen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts eine besondere Funktion zukommt: Sie stellen einerseits - zusammen mit allen anderen Reiseberichten von Frauen aus jener Zeit - einen Versuch dar, zu der im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts unterdrückten Tradition der Frauenreise zurückzufinden. Darüber hinaus eröffnen sie den Autorinnen aber auch die Möglichkeit, jene 'weiblichen' Räume, die ihren männlichen Zeitgenossen nicht offenstanden und gerade deshalb stark mit sexuell konnotierten Projektionsbildern belegt waren (z. B. die Welt des Harems), neu zu gestalten. Diese in Form von Augenzeugenberichten präsentierten Neuentwürfe können als bewußte Versuche gewertet werden, den 'orientalischen Traum' ihrer männlichen Zeitgenossen in sein Gegenteil zu verkehren. Diese 'Abrechnung' mit der doppelten Moral und den sexuellen Phantasien des europäischen Mannes in der kulturellen Fremde geschieht jedoch ohne Rücksicht auf die kulturell andere Frau. Diese wird von den orientreisenden Frauen genau wie von ihren männlichen Pendants in den Reiseberichten auf ihren Objektcharakter reduziert.