"Reise nach Moskau"

Die vorliegende Quellenedition unternimmt de Versuch, sequenzanalytisch den nachhaltig prägenden und systematischen Begründungsakt des staatssozialistisch generierten Stadtkonzeptes der DDR zu dokumentieren. Es geht um die ersten Monate nach Gründung der DDR und die damit verbundenen Auseinandersetzungen um eine dem historischen Selbstverständnis angemessene räumlich-symbolische wie funktionelle Repräsentanz der Gesellschaft im Raum. Wir dokumentieren Texte aus dem Umfeld jener „Reise nach Moskau“, mit der die eigenständige Geschichte sozialräumlicher Formation in der DDR begann. Die nachhaltige Bedeutung dieser Reise ist, obgleich sie schon immer zu den Gründungslegenden der DDR gehörte, historisch weiterhin nicht annähernd entfaltet. Erst im noch zu gewinnenden Gesamtüberblick über die DDR-Geschichte werden die fast vierzig Jahre nachwirkenden planungskulturellen Konsequenzen letztendlich übersehbar sein. In unseren Forschungen schält sich die Erkenntnis heraus, dass die 1950 erfolgte vollständige Transmission des sowjetisch-stalinistisch begründeten Gesellschaftsmodells und seiner Ästhetik auf deutsche Verhältnisse trotz scheinbarer Veränderungen im Erscheinungsbild der Architektur bis weit in die 80er Jahre hinein entwicklungsprägend bleiben. Die Quellendoumentation steht nun für weitere Forschungen zur Verfügung. Durch die Vermittlung von Hintergrundwissen möchte sie dazu beitragen, daß eine qualifizierte öffentliche Auseinandersetzung mit den Planungsdirektiven und -intentionen, den stadträumlichen Befunden sowie den damit verknüpften sozialen Erfahrungen möglich wird. Vieles spricht dafür, daß in der vierzigjährigen Geschichte der DDR, wenn man sie als widersprüchlichen Lernprozeß im sozialen Raum rekonstruiert, ein strukturell offenes, für die Zukunft produktives Potential enthalten ist. Es bedarf der Bestärkung im öffentlichen Bewußtsein ebenso wie des Anschlusses an gestaltendes Handeln.