Fiktionalisierungen der Conquista im 20. Jahrhundert
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Die nationale und kontinentale Geschichte ist das zentrale Thema vieler, wenn nicht der meisten spanischamerikanischen Romane der zurückliegenden Jahrzehnte. So hat in dieser Zeit auch der historische Roman als literarische Ausdrucksform einen Aufschwung erfahren, und es hat sich dabei eine spezifisch spanischamerikanische Variante herausgebildet, die sog. Nueva novela histórica. Das geschichtliche Interesse seinerseits steht vornehmlich im Zeichen der Suche nach den Ursachen einer Integrations- und Identitätskrise, deren historische Wurzeln bis in die Zeit der Conquista zurückreichen. Vor diesem Hintergrund mag es verwundern, wenn zum Thema der Conquista in der modernen spanischamerikanischen Literatur bisher noch keine eingehende Untersuchung existiert. Die Dissertation von Rainer Domschke macht hier einen Anfang. Das Textcorpus vereint 10 historische Romane aus dem Zeitraum von 1934 bis 1988. Der größte Teil der Autoren gehört zu den bekannteren spanischamerikanischen Schriftstellern, deren historische Romane jedoch bisher meist wenig literarkritische Beachtung erfahren haben. Am Anfang der Untersuchung steht eine methodische Reflexion über die Grundstruktur des historischen Romans. Sie liefert den Rahmen für die folgenden Einzelanalysen. Dort richtet sich die Aufmerksamkeit im Wesentlichen auf die 'Moral der Form', d. h. auf das emanzipatorische Potential, das die literarische Gestaltung der Romane erkennen lässt. Die vergleichende Zusammenschau am Schluss gibt Anlass zu der Hypothese, dass mittlerweile auch für den historischen Roman in Spanischamerika eine 'postmoderne Wende' zu verzeichnen ist. Somit würde die nueva novela histórica den literarästhetischen Epochenwechsel zu einem'post-Boom'-Roman nicht mehr grundsätzlich in Frage stellen, wie Seymour Menton 1993 in seiner Studie über diesen Romantyp behauptet hat.