Optimierung der Werkstoffauswahl durch Prüfung des Umformverhaltens unter Tief- und Streckbeziehungen
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Das Ziel der Untersuchungen war die Entwicklung eines neuen technologischen Prüfverfahrens, bei dem durch den Einsatz verschiedener Stempelformen in einem modifizierten Napfziehversuch sowohl Tief- als auch definierte Streckziehanteile im Prüfteil realisiert werden. Durch diese Verschärfung der Prüfbedingungen lassen sich die breit gefächerten Beanspruchungen bei der Herstellung komplizierter Karosserieteile besser und systematischer als bisher in einem Modellversuch nachbilden. Dabei wird eine differenzierte Beurteilung der Werkstoffe entweder hinsichtlich ihrer Eignung für überwiegend Tief- oder Streckziehbeanspruchung durch dieses Verfahren ermöglicht. Durch die sensible Reaktion auf die unterschiedlichen Prüfbedingungen ist ebenfalls eine bessere Quantifizierung ähnlicher Werkstoffe als nur im Näpfchenziehversuch oder durch die mechanischen Kennwerte (z. B. Zugfestigkeit, Gleichmaßdehnung, Verfestigungsexponent, mittlere senkrechte Anisotropie möglich, wodurch sich die Aussagefähigkeit der Prüfergebnisse gegenüber bisherigen Prüfverfahren bedeutend erhöht. Für die vergleichenden Untersuchungen wurden die mechanischen Kennwerte verschiedener Werkstoffe mit verschiedenen Prüfverfahren (Flachzugversuch, Kreuzzugversuch und hydraulischer Tiefungsversuch) bestimmt. Zusätzlich wurden die Grenzformänderungskurven der Werkstoffe ermittelt. Als Prüfergebnis der Modellversuche wurden sowohl die Formänderungen und Reisserorte als auch die erreichbaren modifizierten Grenzziehverhältnisse für die unter-schiedlichen Stempelformen bestimmt, wobei die Korrelationen mit verfahrensunabhängigen Kennwerten einerseits und mit den Ergebnissen der Tiefziehversuche an Bauteilen der Automobilindustrie andererseits untersucht wurden. Als vorgangsnahes Prüfverfahren wurde damit ein wirksames Auswahlkriterium sowohl für Anwender als auch für Hersteller von Blechwerkstoffen geschaffen, welches eine gute Einschätzung des Umformvermögens von Blechwerkstoffen bei Bauteilen gestattet. Es wurde untersucht, inwieweit bei kleinen Stempeldurchmessern Differenzen in den Werkstoffeigenschaften unterschieden werden können. Dabei zeigte sich, dass eine kleinere Prüfeinrichtung den Vorteil besitzt, dass Reibungsverhältnisse und Niederhalterkraft einen geringeren Einfluss auf das Prüfergebnis haben und die Versagensgrenze im wesentlichen durch die Werkstoffeigenschaften bestimmt wird. Nachteilig ist jedoch die begrenzte Übertragbarkeit auf Praxisteile, die sehr großflächig sind, wodurch Reibungsverhältnisse und Oberflächeneigenschaften entscheidend Einfluss nehmen. Aus diesem Grund wurden Versuche mit großen Stempeldurchmessern (Ø 200 mm) eines am IFUM Hannover zur Verfügung stehenden Versuchswerkzeuges einbezogen. Die Ergebnisse führten zu der Schlussfolgerung, dass das modifizierte Napfziehverfahren in einer In-process-Werkstoffprüfung einsetzbar ist. Hierfür wurden bereits Untersuchungen an der TU Dresden durchgeführt, um ein Verfahren zu erproben, das es auf der Grundlage der Erichsen- Tiefung gestattet, verschiedene Belastungszustände des Werkstoffes in einer möglichst kleinen Prüfeinrichtung im laufenden Umformprozess zu testen. Das Verfahren kann durch den Einsatz der unterschiedlichen Stempelformen und unter der Berücksichtigung von Tiefziehanteilen eine sinnvolle Ergänzung sein. Mit diesem Verfahren kann überprüft werden, ob sich Werkstoffeigenschaften durch Chargenschwankungen verändert haben, so dass Ziehteile nicht mehr versagensfrei tiefgezogen werden können.