Genie in stürmischen Zeiten
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Die These, dass der Livländer Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) ein Opfer Goethes war, wird der Konstellation der beiden Weggefährten des sogenannten Sturms und Drangs ebensowenig gerecht wie die in der Lenz-Rezeption noch bis ins zwanzigste Jahrhundert vorherrschende und mittlerweile revidierte Behauptung, Lenz sei ein schlechter Nacheiferer Goethes gewesen. Trotz dieser bemerkenswerten, zunächst nicht auflösbar erscheinenden Lenz-Goethe-Symbiose steht eine vergleichende kritische Analyse, die nicht nur biographische, soziologische und psychologische Aspekte berührt, sondern die eigenständige dichterische Entwicklung beider Autoren in den Mittelpunkt stellt, noch aus. Die verbindenden Momente, aber vor allem auch die Divergenzen ihrer Genieästhetik aufzuweisen, ist Zielsetzung dieser Untersuchung. Hierbei werden die Ursprünge ihrer Weltbilder aufgezeigt, deren Bedeutung für die Definition ihrer Dichtungsbegriffe bestimmt, sowie die aus ihren Weltbildern resultierenden Konsequenzen für ihr literarisches Schaffen und ihre Selbstbestimmung als Dichter abgeleitet. Es wird der Nachweis erbracht, dass sich die Gegensätze von Lenz und Goethe in der Unterschiedlichkeit ihrer Weltbilder manifestieren, die wiederum Parameter ihrer Dichtungs- und Dichterbegriffe sind.