Kapitalsteuerwettbewerb und politischer Entscheidungsprozess
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Steuerwettbewerb zwischen Staaten kann unerwünschte Nebenwirkungen haben. Am gravierendsten hat sich dabei in theoretischen Modellen die Erodierung nationaler Steuerbasen und damit verbundenen ineffizient niedrigen Steuereinahmen bzw. Ausgaben für öffentliche Güter erwiesen. Trotzdem ist es bei asymmetrischen Staaten möglich, dass bei einzelnen Staaten die Vorteile überwiegen und diese somit als „Gewinner“ aus dem Steuerwettbewerb hervorgehen. Die Harmonisierung der Zinsbesteuerung steht seit langem auf der politischen Agenda der Europäischen Union. Der Status Quo ist durch die Unfähigkeit der Wohnsitzländer gekennzeichnet, Zinserträge von Inländern im Ausland zu beobachten. Es handelt sich somit de facto um ein Quellensteuersystem ohne Untergrenzen für die Steuersätze. Zwei Reformvorschläge wurden zuletzt diskutiert: Eine Mindestquellensteuer mit einem einheitlichen Steuersatz und ein Meldesystem. Alle drei Alternativen werden im Rahmen eines mehrstufigen spieltheoretischen Ansatzes untersucht, bei dem sowohl die politische Entscheidungsfindung auf Ebene der EU als auch das nachgeordnete stategische Verhalten der einzelnen Staaten in der Wahl ihrer Steuersätze berücksichtigt werden. Unterstellt man eine einstimmige Entscheidung auf Ebene der EU, wie zur Zeit nach dem Vertragstext im Bereich der Steuerpolitik erforderlich, so erscheint es unwahrscheinlich, dass sich in einer der Reformvorschläge durchsetzen kann. Bei einer Mehrheitsentscheidung hingegen wendet sich das Blatt um die Entscheidung für ein Meldesystem, oder eine Mindestquellensteuer wird sehr wahrscheinlich.