Dantes Paolo und Francesca in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts
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Dante Alighieris Liebespaar Paolo und Francesca ist heute nur Literaturbegeisterten überhaupt noch ein Begriff – geschweige denn Thema der bildenden Kunst. Im 19. Jahrhundert gehörte jedoch gerade diese Episode aus dem 5. Höllengesang der Göttlichen Komödie zu den beliebtesten Sujets der Epoche. Künstler von Füssli über Ingres und Delacroix bis hin zu Böcklin und Rodin haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt; mit Gustave Dorés berühmten Divina-Commedia-Illustrationen erreichte die Dante-Begeisterung einen Höhepunkt: Das im Sturmwind der Hölle schwebende Liebespaar war zum pathosgeladenen Inbegriff der leidenschaftlichen Liebe schlechthin geworden. Im Zuge der nach 1900 einsetzenden Neudefinition dessen, was Kunst der Avantgarde sein soll, büßt das narrative Dante-Sujet seine überragende Bedeutung als autonomes Bildthema bis auf entweder bewußt ironisch distanzierende oder nostalgisch-traditionalistische Reminiszenzen ein. Im 20. Jahrhundert werden Paolo und Francesca schließlich bestenfalls noch als notwendiger Bestandteil von Dante-Illustrationen toleriert. Die Autorin beschreibt diesen Transformationsprozeß anhand ausführlicher Werkanalysen, bei denen vor allem die Frage nach der Motivation des jeweiligen Künstlers, sich mit Dante zu befassen, und die Frage nach dem Auswahlprinzip und dem kreativen Umgang mit Vorbildern eine Rolle spielt. Es werden sowohl werkmonographische Einsichten vermittelt als auch ein Einblick in den geistesgeschichtlichen Prozeß der Etablierung und Entwicklung eines Bildthemas gegeben, der über das bloße Aufzeigen von ikonographischen Bezügen weit hinausgeht.