Picasso und die christliche Ikonographie
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Die Autoren stellen hier einen interdisziplinären Ansatz vor, der auf der Kombination ikonographischer Untersuchungen und der Deutung dieser Resultate mit Hilfe tiefenpsychologischer Kategorien beruht. Der Schlüssel zur Deutung des Sinngehalts von La Vie ist eine ikonographische Entdeckung: der auffällige Gestus im Bildzentrum, der sich auf das Bildmotiv Noli me tangere (Rühre mich nicht an!) bei der Begegnung des auferstandenen Christus mit Maria Magdalena im Garten Gethsemane zurückführen lässt. Dadurch ist erstmals eine plausible Ausgangsbasis für Überlegungen zur rätselhaften Symbolik der Komposition gegeben. Die Autoren betrachten das Gemälde als Medium autobiographischer Mitteilungen des Künstlers, die mit Hilfe tiefenpsychologischer Kategorien gedeutet werden können. Gleichzeitig aber ist es Ausdruck für das Selbstverständnis des modernen Künstlers und sein Verhältnis zur Tradition. Picasso bedient sich der Semantik traditioneller Bildmotive der christlichen Kunst, um eine eigene Bildsprache zu schaffen. Die Ergebnisse beider Verfahren – Ikonographie und Tiefenpsychologie – stehen dabei nicht im Widerspruch zueinander, sondern sind auf sich bezogen und ergänzen sich. Das an La Vie erprobte Interpretationsverfahren wird an einem anderen zentralen Werk des Malers, nämlich seinem berühmtesten Meisterwerk Guernica, überprüft. Die Autoren geben mit diesem Buch der Bildinterpretation neue Impulse. Die Bedeutung der christlichen Ikonographie für das Verständnis moderner Kunst wird exemplarisch deutlich. Das Gemälde La Vie steht zwar im Mittelpunkt des Buches, aber weit darüber hinaus geht es um das Verständnis des Menschen Picasso, der biographischen Impulse seines Kunstschaffens und um den Niederschlag, den das Ringen um seine Identität als Mensch und Künstler in seinem Werk gefunden hat.