The unfinished state
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Die vorliegende Studie analysiert die wesentlichen Konfliktlinien des aktuellen Nigeria – von politisierter Ethnizität und deren Auswirkungen auf die Gestaltung des politischen Systems über religiöse Spaltungen und politische Gewalt bis hin zu Konflikten über die Verteilung der Öleinnahmen. Rückblickend verfolgt der Autor die sich wandelnde Bedeutung von Ethnizität im Rahmen der politischen und konstitutionellen Geschichte Nigerias. Dabei erfahren die Unruhen von Zango-Kataf und der Konflikt zwischen den Ogoni und den nigerianischen Militärregierungen sowie dem Ölkonzern Shell besondere Beachtung. In seiner theoretischen Debatte überprüft der Autor die Tauglichkeit klassischer demokratietheoretischer Ansätze zur Gestaltung des politischen Systems pluraler Gesellschaften und bezieht relevante Untersuchungen zu Staat und politischen Prozessen in Afrika mit ein. Theoretisch und empirisch wird nachgewiesen, dass das unabhängige Nigeria erfolglos etliche Versuche in der Tradition klassischer Demokratietheorie unternommen hat, um die destabilisierenden Wirkungen subnationaler Spaltungen aufzuheben, von der Übernahme eines präsidentiellen Systems über die Einführung eines ethnischen Quotensystems (federal character principle) bis hin zu parteienrechtlichen und wahlgesetzlichen Bestimmungen, die ethnienübergreifende Allianzen hervorbringen sollten. Der Ölreichtum, la politique du ventre und ethnische Mobilisierung als zentraler Bestandteil des Ausgleichs unter den Eliten beschleunigten jedoch die Fragmentierung des politischen Systems. Die Effektivität ethnischer Mobilisierung ging allerdings spätestens ab Mitte der neunziger Jahre zurück, weshalb mit Beginn der Vierten Republik 1999 Religion als mobilisierendes Element die ethnische Komponente ablöste. Die Studie ist das Ergebnis mehrerer Aufenthalte des Autors in Nigeria von 1993 bis 2002; neben zentraler Literatur zu den jeweiligen Untersuchungsbereichen hat er auch direkte Erfahrungen aus diesen Aufenthalten mit verarbeitet.