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Schockierende Werbung in Deutschland und den USA

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Anfang der neunziger Jahre schien mit der sog. „schockierenden Werbung“ eine neue Werbeform dauerhaft Einzug in die deutsche Werbelandschaft zu halten. Spannungsbeladene Themen wurden provokativ dargestellt und mit einem Hinweis auf den Werbungstreibenden verbunden. Ein Unternehmen, das diese Entwicklung maßgeblich geprägt hat, ist der italienische Textilkonzern Benetton SpA. Zehn Jahre später ist festzustellen, dass sich die „schockierende Werbung“ nicht durchgesetzt hat. Die mit ihr verbundenen rechtlichen Fragestellungen beschäftigen jedoch nach wie vor die Gerichte. Während der Bundesgerichtshof in einem Verfahren gegen den Gruner + Jahr Verlag ein Motiv der Benetton SpA. zweimal aufgrund ordnungspolitischer Überlegungen untersagt hat, hat das Bundesverfassungsgericht beide Entscheidungen, zuletzt am 11. März 2003, aufgrund einer unzureichenden verfassungsrechtlichen Würdigung wieder aufgehoben. Diese Entscheidungen spiegeln nicht nur den unterschiedlichen Prüfungsumfang der Gerichte wieder. Sie zeigen auch einen offenbar grundsätzlichen Streit zwischen dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht über die Entscheidungskompetenz bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „guten Sitten“. Es wird untersucht, wie der ordnungspolitische Schutz der guten Sitten im Wettbewerb einerseits mit den verfassungsrechtlich garantierten Freiheitsrechten des Werbungstreibenden, vor allem der Meinungs- und Kunstfreiheit, andererseits in Ausgleich zu bringen ist. Diese Frage wird mit der Rechtslage in den Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere mit der „commercial speech doctrine“, verglichen. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass der verfassungsrechtliche Schutz des Artikel 5 GG von den ordentlichen Gerichten bei der Beurteilung der „schockierenden Werbung“ nicht hinreichend berücksichtigt wird. Eine Abwägung der verfassungsrechtlichen mit den ordnungsrechtlichen Wertungen bleibt gleichwohl dem Einzelfall vorbehalten.

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