Solidarität unter Egoisten?
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Ist soziale Gerechtigkeit nur etwas für Gewerkschaftler und den sprichwörtlichen „kleinen Mann“? Oder lässt sich auch der auf die Mehrung seines individuellen wirtschaftlichen Vorteils bedachte homo oeconomicus überzeugen, dass es für ihn ebenso vorteilhaft ist, in einer Gesellschaft zu leben, die auf Prinzipien sozialer Gerechtigkeit beruht? Was ist „soziale Gerechtigkeit“ überhaupt? Geht es hier nicht um Formen von Eigentumstransfer, die in den Augen der liberalen Theorie mit staatlich organisiertem Diebstahl gleichzusetzen sind? Der Sozialstaat ist in die Kritik geraten. Das Konzept sozialer Gerechtigkeit wird als im Widerspruch zum liberalen Staatsmodell stehend gesehen. Gesucht ist daher eine lückenlose Begründung sozialer Gerechtigkeit auf der Basis liberaler axiomatischer Annahmen über die Natur des Menschen - oder sollte eine solche Legitimation nur möglich sein, wenn man den Menschen bereits als soziales Wesen definiert? Hans Christoph Timm beginnt mit einer äußerst sachkundigen vergleichenden Analyse der Schriften der wesentlichen liberalen Autoren der politischen Philosophie von Hayek über Nozick und Rawls bis Kersting. Mittels eines aus der Diskussion um interkulturelle Konflikte geliehenen Ansatzes gelingt ihm dabei eine systematische Einordnung oft als gegensätzlich angesehener Autoren. Es wird einerseits deutlich, welche Konflikte auf unterschiedlicher Normsetzung beruhen, und welche unterschiedlichen Aussagen andererseits aus unterschiedlichen Blickrichtungen der verschiedenen Theorien folgen. Auf dieser Analyse aufbauend liefert der Autor eine eigenständige liberale Theorie sozialer Gerechtigkeit. Diese belegt eindeutig, dass die Grundentscheidung für ein liberales Gesellschaftsmodell keineswegs im Widerspruch zu sozialen Sicherungssystemen stehen muss. Allerdings zeigt die Theorie dem bisweilen vertretenen Anspruch auf Rundum-Versorgung auch deutliche Grenzen auf. Die in diesem Buch präsentierte Theorie schließt daher nicht nur eine Lücke in der politischen Philosophie, sondern sie liefert zugleich eine Basis, aufgrund derer sich die aktuelle Diskussion um die Umgestaltung des Sozialstaates sachlicher führen lässt.