Das Kerstranke-Buch
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Im 15. Jahrhundert hatte der Kerstranke den Stellenwert, der heute dem Champagner zuteil wird. Er wurde, so belegen die historischen Quellen, als Friedens- und Repräsentationsgetränk gereicht. Dies geschah innerhalb des Stadtrates, aber auch auf großen Festlichkeiten mit dem Adel und dem Klerus. Nur in ganz seltenen Fällen, so während der Halberstädter Schicht, eines berühmten Aufstandes im 15. Jahrhundert, gelangte es in die Hände niederer Schichten, die sich sonst am Bier labten. Zahlreiche Geschichten ranken sich um den Kerstranke, dessen Rezeptur in Vorbereitung des Bistumsjubiläums in Halberstadt wieder entdeckt wurde. Ingwer, dazu Zucker, Nelken, Weißwein sowie möglichst frisch gepresster Kirschsaft dürfen nicht fehlen. Welche weiteren wohlschmeckenden Geheimnisse in dem Kerstranke stecken, und in welcher Zusammensetzung er sein würzig-kirschiges Aroma am besten entfaltet, muß allerdings das Geheimnis seiner heutigen Hersteller bleiben. Das Geheimnis von Kerstranke - Seinen unverwechselbaren Geschmack erhält Kerstranke durch Zutaten, die als Zeichen von Reichtum und Stand eingesetzt wurden. Zugleich schrieb man ihnen ganz bestimmte gesundheitsfördernde Wirkungen zu. Für das Gelingen von Wirkung und gutem Geschmack war das Mischungsverhältnis sehr wichtig. Entgegen sonstigem Gebaren lüftete der Koch im vorliegenden Rezept dieses Geheimnis. Kerstranke schied, das ist sicher, die Vornehmen und die Reichen von der, wie es im Mittelalter hieß, Gemeinheit. Bei ihr handelte es sich um nicht ratsfähige Bürger und Einwohner. Diejenigen, die sich Kerstranke nicht leisten durften oder konnten, waren aus der Führungsgruppe ausgegrenzt. Ihnen blieb vor allem das Bier. Eine Ausnahme bildete die Halberstädter Schicht. Das Volk von Halberstadt hatte aus den Kellern der Ratsherren den Kerstrank entwendet und sich den Trank schmecken lassen. Das war mehr als bloßer Diebstahl, Raub oder durch neue Machthaber gestützte Beschlagnahmung. Diese Handlungen durchbrachen Standesschranken und gefährdeten die bestehende Ordnung. . Vermutlich wanderten die (Kerstranke-)Köche von Hof zu Hof und von Festlichkeit zu Festlichkeit. Eine solche Praxis ist in der Chronik. beschrieben. Der Chronist berichtet, wie sich König Sigismund im Jahr 1385 auf der Flucht vor seinen Feinden befand. Auf der Wanderschaft gesellte er sich einem Koch zu, der auf dem Weg zum nächsten Fürstenhofe war. Demütig trug der unerkannte Herrscher dem Koch den Sack, in dem sich dessen mitgeführte Löffel und Kellen befanden. Dieser Koch war ein bekannter Mann. Denn er wurde bereits am Hof des Markgrafen Jost von Mähren erwartet. So fiel es ihm auch nicht schwer, seinen Begleiter in der Küche einzustellen. Der König übernahm so durch die Protektion des Küchenmeisters die Aufgabe, die Bratenspieße zu drehen.