Armenien und der Völkermord
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Der Völkermord an den Armeniern 1915 war ein organisiertes und brutales Massaker, dem ein großer Teil des Volkes zum Opfer fiel. Die Dokumentation der Istanbuler Prozesse aus dem Jahr 1920, in denen einige Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wurden, bietet einen Einblick in die Planung und Durchführung dieses Verbrechens. In den Jahren 1919/20 wurden vor dem Kriegsgericht in Istanbul eine Reihe von Prozessen gegen führende türkische Politiker angestrengt, mit dem Ziel, den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges zu untersuchen und die Verantwortlichen zu bestrafen. Diese Prozesse kamen durch Druck der alliierten Mächte zustande, die damit einen ersten Schritt unternahmen, Menschenrechtsprinzipien mit Hilfe einer internationalen Strafgerichtsbarkeit zur Geltung zu verhelfen. Der türkische Soziologe Taner Akcam stellt diesen kaum bekannten Vorläufer der Nürnberger Prozesse in den Zusammenhang des Niedergangs des Osmanischen Reiches und des Aufstiegs der jungtürkischen Bewegung mit ihrem Bestreben, einen homogenen türkischen Nationalstaat zu gründen. Er analysiert zugleich die spezifischen historischen und politisch-ideologischen Hintergründe, die zum Genozid an den Armeniern führten, und zeigt, wie die Westmächte, ungeachtet ihres juristischen Engagements, die Aufteilung des Osmanischen Reiches betrieben. Damit riefen sie den Widerstand der türkischen Nationalbewegung gegen die „Siegerjustiz“, die „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ und die „Verletzung der staatlichen Souveränität“ hervor. Der Band enthält darüber hinaus zum ersten Mal in deutscher Sprache eine kommentierte Auswahl aus den Verhandlungsprotokollen und Urteilsbegründungen der Istanbuler Prozesse. Sie vermitteln neue Erkenntnisse über die Planung und Durchführung des Völkermords und konfrontieren uns mit den Mechanismen und der Brutalität von Haß und Gewalttätigkeit. In den Blick genommen werden aber auch die Kontroversen über die Berechtigung der Anklage, die Zuständigkeit des Gerichts und die Frage individueller Verantwortlichkeit, die bis heute die Diskussion um die Etablierung eines internationalen Strafgerichtshofs kennzeichnen. Taner Akçam, Jg. 1953, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. „Noch heute ist das Thema in der Türkei tabuisiert. Taner Akçam ist mit seiner Veröffentlichung der Prozeßprotokolle und einer entsprechenden Kommentierung der erste Historiker, der Licht in das verdrängte Kapitel türkischer Geschichte bringt.“ (Bayerischer Rundfunk, Florian Hildebrand)
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