Risikoabschätzung von porzinen Circoviren in Bezug auf die Xenotransplantation
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In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden aufgrund intensiver Forschungsarbeiten große Fortschritte in der Transplantationsmedizin erreicht. Hierzu mussten nicht nur immunologische, sondern auch anatomische, physiologische, ethische und rechtliche Probleme gelöst werden. Dennoch besteht in der heutigen Zeit in der Transplantationsmedizin ein immenser Bedarf an Spenderorganen: Fast ein Viertel der Patienten, die für eine Transplantation vorgemerkt sind, versterben, bevor ein für sie geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht. Deshalb ist es notwendig, alternative Methoden zur herkömmlichen Allotransplantation zu erarbeiten. Neben der Entwicklung künstlicher Organe und dem „Tissue-Engineering“, der Anzucht von Geweben und Organen auf einer artifiziellen Matrix, wird auch die Xenotransplantation (XT) als mögliche Alternative angesehen, um einen akuten Organmangel zu überbrücken. Unter Xenotransplantation versteht man die Übertragung von artfremden Zellen, Geweben und Organen auf den Menschen. Für diese Technik gilt das Schwein als potenzieller Spenderorganismus: Die Größe und Physiologie der porzinen Organe entspricht denen des Menschen, außerdem lassen sich Schweine kostengünstig halten, haben eine hohe Wurfzahl und eine kurze Reproduktionszeit. Die Verwendung artfremder Organe birgt jedoch neben der akuten und der chronischen Abstoßungsreaktion auch die Gefahr der Übertragung von Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilzen auf den Organempfänger. Die Tatsache, dass eine Vaskularisierung der transplantierten Gewebe und die Ausbildung direkter Zell-Zell Kontakte unter Umgehung der mukosalen Barrieren erfolgt, trägt deutlich zur Erhöhung des Risikos einer Übertragung infektiöser Organismen bei. Hinzu kommt, dass die Patienten immunsupprimiert werden, um eine Abstoßung des transplantierten Organs zu unterdrücken. Dies kann eine Infektion begünstigen, die unter normalen Bedingungen vom Immunsystem abgewehrt werden könnte. Damit besteht die Gefahr der Entstehung von Zoonosen durch den Wirtswechsel von porzinen Pathogenen auf den Menschen und darüber hinaus durch neue Erreger, die aus Rekombinationsereignissen z. B. zwischen porzinen und humanen Viren hervorgehen könnten. Ein solches Ereignis könnte gravierende epidemiologische Folgen für die Menschheit haben. Die Gefahr wird deutlich, wenn man die Entstehung von HIV/AIDS als Beispiel betrachtet: Durch Übertragung des in Primaten apathogenen Simian Immundeficiency Virus (SIV) auf den Menschen sind mittlerweile weltweit etwa 32 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Zum besseren Verständnis werden im Folgenden die Daten der beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen dargestellt, die die Grundlage für die Durchführung dieser Arbeit darstellten.